2014


1. Jänner 2014:
Die Zaptistas begehen den 20. Jahrestag der Rebellion mit öffentlichen Reflexionen zu ihrem politischen Projekt und der Fortführung ihres Escuelita-Projekts.
Zur Absolvierung der zapatistischen Escuelita (dt.: kleine Schule) sind seit dem Spätsommer 2013 rund 1.500 Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus Mexiko und aus aller Welt eingetroffen. Während einer Woche hatten sie die Gelegenheit, das Leben und die Sichtweisen der Zapatistas hautnah kennenzulernen. Zum Jahreswechsel startete der zweite Unterrichtsblock dieses Programms. Die hohe Teilnehmerzahl wie auch die Tatsache, dass viele der Lehrer bereits Zapatistas der zweiten Generation im Alter zwischen 20 und 30 Jahren sind, legen Zeugnis von der Vitalität des politischen Projekts ab. Der Erfolg der Escuelita straft jene Lüge, welche die zapatistische Bewegung klein- oder totzureden versuchen.
Der bekannte kritische mexikanische Intellektuelle Gustavo Esteva ist sich mit Köpfen der Linken wie Noam Chomsky und Immanuel Wallerstein darin einig, dass ein Grund dafür, warum viele den Zapatismus vergessen machen möchte, "die Tiefe seiner Radikalität" ist. In den zwei Jahrzehnten des Aufbegehrens konnte damit konkret messbare, dauernde Erfolge erzielt werden, wie die Umverteilung von etwa 700.000 Hektar Land. Davon profitierten im Jahr 1994 auch viele Kleinbauern in Chiapas, die selbst gar nicht zu den Rebellen und ihren Unterstützergemeinden gehörten. Ein Markenzeichen der zapatistischen Bewegung ist auch der kontinuierliche Aufbau autonomer gesellschaftlicher Strukturen – im Gesundheitswesen, bei Schule und Ausbildung, in der Rechtsprechung – und nicht zuletzt einer alternativen Ökonomie.

6. Jänner 2014:
Ein massives Polizeiaufgebot beendet eine monatelange Protestaktion mexikanischer Lehrer. Mehrere hundert Polizisten räumen den Platz mit dem Monument der Revolution im Zentrum von Mexiko-Stadt, auf dem die Lehrer Zelte und andere Unterkünfte errichtet hatten.

9. Jänner 2014:
Erfolgreicher Widerstand gegen den Bau eines Windparks von 396 Megawatt, den das transnationale Unternehmen Mareña Renovables in der Gemeinde San Dionisio del Mar im Isthmus von Tehuantepec errichten wollte. Das Unternehmen erklärt das Projekt für gescheitert.

14. Jänner 2014:
Die Kämpfe zwischen Bürgermilizen und der Mafia im mexikanischen Bundesstaat Michoacán erreichen einen neuen Höhenpunkt: Autonome Selbstverteidigungsgruppen nehmen mehrere Städte ein, die bislang vom Tempelritter-Kartell kontrolliert wurden. Damit kontrollieren die als Bürgerwehren gegen die Gewalt der Drogenkartelle gegründeten Milizen 33 Gemeinden und kesseln die als Mafia-Zentrum geltende Kreisstadt Apatzingán weiter ein. Innenminister Miguel Ángel Osorio Chong schickt weitere Soldaten und Bundespolizisten in die Region, um die Bürgerwehren zu entwaffnen und das staatliche Gewaltmonopol wieder herzustellen.

2. Mai 2014:
Anhänger der regierungsnahen Bauernorganisation CIOAC (PAN, PRI und Grüne) greifen den zapatistischen Verwaltungssitz in La Realidad an: Während eines Gesprächs zur Rückgabe eines Lastwagens unter Begleitung des Menschenrechtszentrums FrayBa erscheinen plötzlich rund 150 bewaffnete CIOAC-Mitglieder, beschädigen die autonome Gesundheitsstation, die Schule, mehrere Fahrzeuge und die Trinkwasserleitung und ermorden den Zapatist José Luis Solís Lopez durch gezielte Schüsse in Kopf und Brust.

Denuncia der Guten Regierung von La Realidad

25. Mai 2014:
Im Rahmen der Gedenkfeier für den ermordeten Compa Galeano gibt Subcomandante Marcos bekannt, immer nur eine Kunstfigur gewesen zu sein, ein Ablenkungsmanöver und Zaubertrick für die Massenmedien. Nun aber ist eine neue Generation von ZapatistInnen herangewachsen und "Marcos" nicht mehr notwendig: "Und zum Schluss werden jene, die verstehen, wissen, dass nicht geht, der niemals da war und nicht stirbt, der nicht gelebt hat."

Marcos' letztes Comunicado:
Zwischen Licht und Schatten

18. Juli 2014:
Das Ständige Völkertribunal (Tribunal Permanente del Pueblos, TPP) beginnt damit, den Überfall auf die Gemeinde Viejo Velasco in Chiapas zu untersuchen, bei dem vor knapp acht Jahren vier Menschen getötet wurden und vier weitere verschwanden. Sämtliche Bewohner wurden vertrieben und zahlreiche Häuser zerstört. Die Täter - 40 Personen der Gemeinde Nueva Palestina - kamen in Begleitung von etwa 300 Polizisten. Im Rahmen einer Voranhörung dieses Tribunals versammeln sich Aktivisten und Betroffene von Viejo Velasco in El Limonar, Chiapas. Diego Moreno Montejo, Sohn eines Opfers und Mitglied der Indigenenorganisation X'inich, verwies auf die Wichtigkeit dieser Initiative, die den Beteiligten Mut mache. "Wir forden nach wie vor Gerechtigkeit und die Bestrafung der Täter sowie der geistigen Urheber dieses schweren Verbrechens", sagte Montejo auf einer Pressekonferenz.

4. August 2014:
Der "Erste Austausch der zapatistischen Völker mit den mexikanischen Orginalvölkern" in La Realidad soll dazu dienen, Möglichkeiten des gemeinsamen Widerstands gegen die kapitalistische Zerstörung zu erörtern.

26. September 2014:
Bei mehreren Angriffen der Polizei auf StudentInnen der pädagogischen Hochschule "Raúl Isidro Burgos" von Ayotzinapa werden zwei junge StudentInnen und drei unbeteiligte Menschen erschossen, 43 Studierende werden von der Polizei verschleppt und wahrscheinlich ermordet, auch ein deutscher Student wird von der Polizei angeschossen.
Die Studenten hatten in der Stadt Iguala mehrere Busse gekapert und wollten in die Hauptstadt fahren, um dort an das Massaker von Tlatelolco zu erinnern, als mehrere Streifenwagen die Straße blockierten und die Polizisten das Feuer eröffneten.

Das Massaker von Iguala
detaillierter Bericht

Ende September / Oktober / November / Dezember 2014:
Wütende Proteste von Angehörigen und Studierenden. Massendemonstrationen in Mexiko Stadt und anderen Städten. Die Karawane #43x43 ist sieben Tage lang zu Fuß von Guerrero aus unterwegs nach DF. In Guerrero selbst werden u.a. dutzende Rathäuser besetzt, in Acapulco der Flughafen, weiters die Mautstation auf der Autobahn zwischen Chilpancingo und Acapulco und der Sitz der Staatsanwaltschaft. In Chilpancingo und in Hecelchakán brennt die Parteizentrale der Regierugngspartei. Dabei kommt es immer wieder zu Zusammenstößen mit der Polizei, die Schusswaffen und Schlagstöcke einsetzt. Die Regierung versucht, die Lage zu beruhigen und die Studierenden zu kriminalisieren.
In Chiapas kommt es zu einem Treffen zwischen ANgehörigen und Mitstreiter*innen der 43 Verschwundenen, der EZLN und der JBG.

Ayotzinapa schmerzt
offener Brief der Zivilgesellschaft

Ayotzinapa und der neue zivile Aufstand
Bericht aus Mexiko

Der Staat funktioniert gut
kein failed state

Wir danken euch für eure Wut, eure Rebellion, euren Widerstand!
Worte der EZLN

Mitte Dezember ruft die nationale Volksversammlung (ANP), die aus LehrerInnen, StudentInnen und sozialen Bewegungen besteht, dazu auf, weitere Volksversammlungen durchzuführen und autonome Gegenregierungen zu gründen. Die jetzigen lokalen und regionalen Regierungen seien aufgrund von Korruption und Verstrickungen mit der organisierten Kriminalität nicht in der Lage, die Sicherheit und den Schutz für die Bürger zu gewährleisten. BürgerInnenradios und unabhängige kokale Zeitungen sollen die Diffamierungskampagne der Regierung durchbrechen , ergänzt u.a. durch Besetzungen der Abgeordnetenkammer, Kundgebungen und landesweite Streiks. Außerdem durchsucht ein Büerger*innenkomitee verschiedene Gefängnisse und Kasernen nach den verschwundenen Studenten.

Dezember 2014:
In Michoacán verstärken sich Polizei und Paramilitärs, indem sie weitere Mitglieder der "Tempelritter" (schwer bewaffnetes Drogenkartell) in ihre Reihen aufnehmen und greifen die autonomen Selbstverteidigungsgruppen an. Es kommt zu zahlreichen Toten.

21. Dezember 2014:
Etwa 400 BewohnerInnen der Gemeinde San Sebastián Bachajón gewinnen friedlich kommunales Land zurück, das 2011 illegal von der Regierung besetzt wurde. Es kommt zu Drohungen und Aggressionen durch Sicherheitskräfte und Regierungsvertreter sowie von paramilitärisch organisierten Gruppierungen.

Am gleichen Tag beginnt in der Ñathó Comunidad von San Francisco Xochicuautla im Bundesstaat Mexiko das Erste Weltweite Festival für Widerstand und Rebellion gegen den Kapitalismus, das am 3. Jänner in San Cristóbal de las Casas abgeschlossen wird. Ein besonderes Augenmerk gilt der Vernetzung zwischen der EZLN, dem CNI und den Angehörigen der Studenten von Ayotzinapa.