Offener Brief an die Zivilgesellschaft in Mexiko und in der Welt 7. November 2014 Einen Monat nach dem Massaker und dem gewaltsamen Verschwindenlassen der Studierenden in Iguala, Guerrero, empfinden wir weiterhin Schmerz für unsere Toten; wir vermissen jene, die uns genommen wurden und die sie uns zurückbringen müssen. Sie sind präsent und allgegenwärtig in diesem Land. Ebenso empfinden wir Schmerz für all jene Frauen, Männer, Jungen und Alten die verfolgt und gewaltsam verschwunden wurden, bedroht und vergewaltigt von der Politik des Todes des Narcostaates. Die mexikanische Bevölkerung ruft "Genug"! Mit dem Ziel, mehr und mehr Stimmen hinter diesem kollektiven Aufschrei zu versammeln, veröffentlichen wir heute diesen offenen Brief, den Intellektuelle aus Mexiko und der ganzen Welt unterschrieben haben, um damit ihre Solidarität zum Ausdruck zu bringen. (Kollektiv der Kulturarbeiter)
Mexiko und andernorts: 1. Am Freitag, den 26. September, "verschwanden" in Mexiko 43 Studierende der Lehrerfachschule "RAÚL ISIDRO BURGOS" im Dorf Ayotzinapa. Sie wurden auf der Heimfahrt von einer Spendensammelaktion von Polizeikräften der Kreisstadt Iguala entführt, die dem im Anschluss untergetauchten Bürgermeister José Luis Abarca untersteht. Polizei des Bundesstaates Guerrero war zum Zeitpunkt ebenfalls anwesend. Laut Augenzeugenberichten wurden sie anschließend von der ortsansässigen Polizei an die mit ihr eng verstrickte Mafia-Organisation "Guerreros Unidos" übergeben. David Josué García Evangelista (14 Jahre, Fussballspieler bei Los Avispones), Víctor Manuel Lugo Ortiz (Busfahrer der genannten Fussballmannschaft), Blanca Montiel Sánchez (die sich zum Zeitpunkt des Geschehens in einem Taxi befand), sowie die Studenten der besagten Fachschule Daniel Solís Gallardo, Yosivani Guerrero y Aldo Gutiérrez kamen ebenfalls unter Beschuss und wurden durch Polizeikugeln getötet. Ein vierter Student der Schule, Julio César Mondragón, wurde vor seiner Ermordung gefoltert. Nach seinem Tod wurden seine Gesichtshaut und seine Augen entfernt. Darüber hinaus gab es zahlreiche Verletzte, unter ihnen vier Schwerverletzte. Derartige Geschehnisse sind in Mexiko leider keine Einzelfälle, sondern reihen sich ein in eine Vielzahl von permanenten Menschenrechtsverletzungen (außergerichtlichen Hinrichtungen, Folter, Feminizide usw.) und Einschüchterungsversuchen – verübt durch Polizei, Militär und kriminelle Banden. Betroffen ist die gesamte Bevölkerung, die in einer ständigen Bedrohungssituation lebt, und ganz besonders jene Personen, die sich gegen ihre Entrechtungen zur Wehr setzen; in den allermeisten Fällen bleiben die Verbrechen straflos.
- Rückkehr der verschwundenen Studierenden – sofort und lebend! - Bestrafung der Verantwortlichen ihres Verschwindenlassens, sowie der Morde des 26. Septembers - Schluss mit der Behinderung des unabhängigen Argentinischen Teams Forensischer Anthropologie (EAAF), die an den Untersuchungen zur Identitätsfeststellung der in den Massengräbern gefundener menschlicher Körper beteiligt sind - Der mexikanische Staat muss seinen unterzeichneten internationalen Übereinkommen zum Schutz von Menschenrechten gerecht werden und sie in die Realität umsetzen: dem gewaltsamen Verschwindenlassen, den Folterungen, Hinrichtungen und der staatlichen Gewalt gegen die Zivilgesellschaft und politischen Aktivist_innen muss ein Ende bereitet werden. LEBEND HABT IHR SIE GENOMMEN, LEBEND WOLLEN WIR SIE ZURÜCK!
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