1996


Jänner 1996:
Die Gespräche über "Indigene Rechte und Kultur" enden mit zahlreichen Gesetzes- und Verfassungsänderungen sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. In einer dreiwöchigen Befragung aller indigenen Dorfgemeinden im zapatistischen Gebiet wird den Ergebnissen zugestimmt.

4. - 9. Jänner 1996:
Nationales Indígenaforum in San Christóbal, auf dem fast die gesamte EZLN-Führung mit 300 Delegierten aus dem ganzen Land diskutiert. Im Mittelpunkt stehen Rechte und Kultur der indigenen Bevölkerung, sowie die Autonomie der Völker und Gemeinden.

10. Februar 1996:
In vielen Gemeinden finden Protestdemonstrationen und Straßenblockaden gegen die vor einem Jahr begonnene militärische Intervention in der Konfliktzone statt. Ein "Marsch der Dörfer im Widerstand" soll auf die unhaltbare Situation der vertriebenen Bevölkerung hinweisen.

16. Februar 1996:
Die EZLN stimmt den Ergebnissen des Dialogs über indigene Rechte und Kultur zu. Das diesbezügliche Abkommen von San Andrés wird von der mexikanischen Regierung und einer Delegation der EZLN unterzeichnet. Nach unzähligen ergebnislos abgebrochenen Verhandlungsrunden kommt es damit erstmals zu einem Durchbruch, und eine friedliche Lösung scheint nahe zu sein.

8. März 1996:
Während die Verhandlungsrunde über "Demokratie und Gerechtigkeit" in San Andrés tagt, demonstrieren mehr als 30.000 Frauen für ihre Rechte.

Mai 1996:
Die bei der Februaroffensive 1995 festgenommenen Journalisten und mutmaßlichen Zapatisten Sebastian Entzin und Javier Elorriaga werden zu 6 bzw. 13 Jahren Gefängnis verurteilt. Wegen der offensichtlichen Unvereinbarkeit dieses Urteils mit dem "Gesetz zur Versöhnung und Befriedung", das den Zapatistas während den Verhandlungen Straffreiheit gewährt, erklärt die EZLN in ihrem Gebiet den Ausnahmezustand. Präsident Zedillo beteuert hingegen die grundsätzliche Bereitschaft zu neuen Gesprächen. Im Juni werden Elorriaga und Entzin nach 16 Monaten Haft angesichts des Mangels an Beweisen und der zahlreichen Proteste entlassen. Die EZLN hebt daraufhin den Alarmzustand wieder auf und erklärt sich zu weiteren Verhandlungen mit der Regierung bereit.

19. Juni 1996:
Während der Gedenkveranstaltung zum Jahrestag des Massakers in Aguas Blancas, Guerrero, tritt zum ersten Mal die EPR (Revolutionäre Volksarmee) an die Öffentlichkeit und ruft zum Sturz der Regierung auf. Anders als die EZLN orientiert sich die EPR an klassisch-kommunistischen Guerillakonzepten und strebt die Machtübernahme an. Das Auftauchen dieser neuen Guerilla gilt der Regierung als Legitimation für die weitere Militarisierung der südlichen Bundesstaaten.

Juli 1996:
Eine Woche lang tagen in San Cristóbal 136 zivile Komitees, um über die Reform des Staates zu beraten.

27. Juli - 3. August 1996:
Am "ersten Interkontinentalen Treffen gegen den Neoliberalismus und für die Menschheit" nehmen in den 5 Aguascalientes ca. 3.000 Menschen aus 54 Ländern teil, um über Themen wie Politikverständnis, Ökonomie, Autonomie und Selbstorganisierung, internationale Koordinierung usw. nachzudenken. Auf dem Treffen wird beschlossen, ein Widerstands- und alternatives Kommunikationsnetz zu schaffen und für 1997 zu einem zweiten Treffen auf dem europäischen Kontinent aufzurufen.

August 1996:
Eine weitere Volksbefragung in den Dörfern ergibt, daß die Delegation der EZLN weitere Verhandlungen bis zur Umsetzung der bereits vereinbarten Punkte von San Andrés und als Protest gegen die stark zunehmende Militarisierung und Repression gegen mutmaßliche Zapatisten durch Gefängnis und Folter aussetzen soll. Gleichzeitig erhält die EZLN den Auftrag, die einseitige Waffenruhe weiterhin aufrechtzuerhalten und Kämpfe zu vermeiden.

10. - 12. Oktober 1996:
In Mexiko-Stadt findet das "1. Nationale Indigene Forum" statt, an dem auch Comandante Ramona teilnimmt, die damit als erste Zapatistin offiziell Chiapas verläßt.

November 1996:
Die Vermittlungsorganisation COCOPA präsentiert einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Verhandlungsergebnisse; die Zapatisten stimmen diesem zu. Nach zwei Wochen Bedenkzeit läßt Zedillo einen Gegenvorschlag überbringen. Die Zapatisten weisen diesen als "Hohn" zurück, der die bereits getroffenen Vereinbarungen wieder verleugne.