Statement der Frauen

Leben, um frei zu sein,
und kämpfen,
um nicht mehr Sklavinnen zu sein

Wir sind Frauen des CIPO, die müde werden, die schlafen und sich irren, da wir aus Fleisch und Knochen sind, mit Tugenden und Lastern, und obwohl wir nicht perfekt sind, verfügen wir doch über eine andere Erfahrung des Kampfes und der Organisation und glauben an die freie Vereinigung und das Zusammenleben der Menschen, genauso wie daran, daß es wichtig ist, unterschiedlich zu sein, um uns ergänzen zu können.
Wir Chatinas, Zapotecas, Mixtecas, Cuicatecas, Tacuatas, Mazatecas und andere haben uns im CIPO vereinigt, um die Schwierigkeiten zu besprechen, denen wir als indigene Frauen ausgesetzt sind, da unsere Lebenssituation als indigene Frauen am Land völlig anders ist als die der Mestizinnen, die in der Stadt leben. Diese mögen über die Einteilung der Arbeit oder die Vergabe öffentlicher Ämter diskutieren, wir nicht, denn wie können wir über die Einteilung der Arbeit sprechen, wenn wir um drei Uhr morgens aufstehen, um unsere täglichen Pflichten zu beginnen und nicht vor 10 Uhr abends ins Bett kommen? Auch können wir nicht über die Übernahme von öffentlichen Ämtern diskutieren, wenn wir nicht einmal auf den Versammlungen unserer Dörfer zu Wort kommen?
Aus diesen Gründen haben wir einen neuen Platz geschaffen, um Veränderungen zu besprechen und umzusetzen, die damit beginnen sollen, daß wir unseren Töchtern beibringen, daß Männer und Frauen gleich viel wert sind, und daß wir unsere Söhne lehren, die Wäsche zu waschen, zu kochen und Windeln zu wechseln. Wir haben auch gelernt, uns gegenseitig zu respektieren, denn wir sind überzeugt davon, daß wir unsere Ziele schneller und besser erreichen, wenn wir miteinander sprechen, miteinander arbeiten und miteinander kämpfen.
In den letzten fünf Jahren haben sich Frauen aus verschiedenen Regionen zusammengeschlossen und zwei Frauentreffen auf regionaler und staatlicher Ebene veranstaltet, auf denen es Vorschläge von größter Wichtigkeit gab, die wir euch hiermit vorstellen möchten.

Wenn von Frauenrechten gesprochen wird, ist es wichtig, daß unsere Ehemänner Workshops besuchen, um unsere Rechte kennen und respektieren zu lernen, und daß wir an den Versammlungen unserer Dörfer teilnehmen dürfen und unsere Stimme zählt.
Wir wollen nicht, daß unsere Dörfer nur mehr von Alten und Kinder bewohnt werden, weil unsere Ehemänner abwandern. Was wir wollen, ist die Verantwortung und die Erziehung unserer Kinder mit ihnen zu teilen.
Diese Punkte verwirklichen wir in unseren Dörfern, aber wir glauben, daß es weder ein Kampf einer einzigen Familie ist, noch der eines Dorfes, sondern der ganzen Welt, um eine andere Welt zu schaffen als die, in der wir heute leben.

Als Magonistas des CIPO laden wir daher alle Frauen der Welt dazu ein, sich den Mut zu nehmen und ihren Protest zu organisieren, damit ihr Wort und ihre Träume alle Wände und Straßen der Welt entlangwandert, damit es, obwohl getragen von verschiedenen Händen und Gesichtern, ein einziges kämpfendes Herz existiert, das fordert:
Das Recht der Frauen überall, im Haus, in der Arbeit, der Gesundheitsversorgung, der Bildung, beim Besitz des Landes, in der Vertretung der Gemeinschaft gleich zu sein, nicht belästigt zu werden, über die Zahl ihrer Kinder zu entscheiden und ihre Arbeit anerkannt zu wissen.
Die Erfüllung der Abkommen von San Andrés, die Freilassung derer, die eingesperrt wurden, weil sie für ihre Verwirklichung eintraten und die Rücknahme der Gesetze, die sich gegen unsere Dörfer richten (das Gesetz FOX).
Die Bereitstellung von Mitteln zur Entwicklung unserer Dörfer, und daß die Ungerechtigkeit bestraft werde anstatt der Armut, daß unsere gemeinschaftlichen Projekte des Transports und der biologischen Landwirtschaft anerkannt werden, und gegen Gentechnik und den Diebstahl unserer Biodiversität und unseres traditionellen Wissens.
Die Lösung der Agrarprobleme, da wir es sind, die am meisten unter den Folgen zu leiden haben, die Bereitstellung von Land an alleinerziehende Mütter und das Ende der Unterdrückung unserer Dörfer durch Paramilitärs, Polizei und Vertreter von Verwaltung und Regierung.
Die Erfüllung unserer Forderungen im Bereich Gesundheit, Überleben, Beschäftigung, Bildung, Verkehrswege, Licht, Wasser, Versorgung, Schulen, usw.

Wir alle zusammen müssen uns gegen den Neoliberalismus stellen, den Plan Puebla Panamá, das Megaprojekt am Isthmus und den Plan Colombia, den von all diesen Plänen profitieren nur die Reichen, während uns Indigenen das Land weggenommen, die Lebensvielfalt zerstört und die Benutzung der privatisierten Straßen verboten wird, Arznei- und Lebensmittel werden teurer und unsere Produkte noch schwerer zu verkaufen.
Wir stellen uns nicht gegen den Fortschritt an sich, aber sehr wohl gegen einen Fortschritt, der uns vernichtet, der unsere Sprache und unsere Lebensgewohnheiten verachtet, der die Natur und das Leben zerstört, wo er auftritt. Wir wehren uns gegen den Fortschritt, dessen oberstes Prinzip die Vermarktung aller Dinge ist und dem unsere Werte fremd sind. All dies treibt unsere Compañeros dazu, in den Norden zu emigrieren, wo einige von ihnen den Tod finden.

Es ist an der Zeit, daß alle Frauen der Welt ihre Kräfte vereinen, um gegen all die Dinge zu kämpfen, die uns so lange in Armut, Gewalt und Verdrängung gehalten haben. Laßt uns tun, was jede einzelne in ihrem Haus, der Arbeit, der Schule, in der Familie, mit der Nachbarin oder Freundin tun kann! Damit unsere Töchter eine andere Zukunft erleben.

Leider sind wir nicht vollständig sondern nur ein paar, nämlich diejenigen, die mehr Glück hatten als Millionen anderer. Hier fehlt die Stimme derer, die immer fehlen, die weder lesen noch schreiben können, die keine Möglichkeit hatten, hierherzukommen und in deren Namen und Vertretung immer wieder jene sprechen werden, die weder sie noch ihre Lebensumstände kennen.
Trotz all der Hindernisse, die uns in den Weg gelegt wurden, und unserer geringen Zahl möchten wir euch bitten, unsere Anstrengungen zu unterstützen, die Worte in Taten zu verwandeln und José Murat, Landeshauptmann von Oaxaca, aufzufordern, seine Repression gegen die Indigenen des CIPO einzustellen, das Überleben der auf sich gestellten Mütter von Huatalco mit Taten anstatt mit leeren Versprechungen zu sichern, die Bestrafung der Paramilitärs von San Miguel Aloapam, die durch Schläge Fehlgeburten bei einigen Frauen unserer Organisation verursachten und die Anwendung des Gesetzes auf José Efigenio Hernández Ramírez, Verwaltungspräsident von Huatalco wegen Mißhandlung und versuchten Mordes an Frauen des CIPO in Huatalco.

Für das freie Zusammenleben der Menschen!

Carmen Perez Chavez
Reyna Perez Hernández
Dolores Villalobos Cuamatzi