Oberstleutnant Moisés
Wir vertrauen euch alles an,
was wir haben


Guten Abend an alle Compañeros und Compañeras. Wie Compañero Subcomandante Insurgente Marcos schon sagte, spreche ich im Namen meiner Compañeros und Compañeras vom politisch-militärischen Flügel. Die Compañero und Compañera Comandantes und Comandantas bilden den organisatorisch-politischen Teil, jene, die uns auf unserem Pfad des Kampfes leiten. Wir sind die Soldaten aus dem Volk, die Väter und Mütter und alles andere hinter sich gelassen haben. Es gibt Compañeros und Compañeras, die ihre Familien für immer verlassen haben, da sie bei der Erfüllung ihrer Pflicht gestorben sind. Jene von uns, die immer noch am Leben sind, führen Schläge gegen die schlechte Regierung und die Ausbeuter aus, und wir werden nicht aufhören gegen diese schlechten, ausbeuterischen Regierungen auszuschlagen. Wir, die Insurgentes und Insurgentas, sind hier aufgrund unseres Gewissens. Die große Belohnung, die wir irgendwann einmal erhalten werden, besteht darin, eines Tages diese Menschen - die Mexiko heißen - in Freiheit zu sehen. Deshalb sind wir eine politisch-militärische Armee, die zu den Waffen gegriffen hat, um die Compañeros und Compañeras unserer kämpfenden Völker zu beschützen und zu verteidigen.

Ihr habt gesehen, daß wir während des Kampfes aufrichtig und klar darüber gesprochen haben, wie sie uns ausbeuten, wie sie uns demütigen, und wenn wir uns dagegen organisieren und kämpfen, folgt Repression. Sie wollen nicht, daß wir lernen, eine neue Politik zu machen und eine andere Art der Politik zu betreiben. Deshalb sind wir die Verteidiger unserer organisierten Völker, die politisch kämpfen.

Genau das ist es, was wir jetzt mit den Völkern tun, die hier anwesend sind oder nicht, wir möchten mit politischen und friedlichen Mitteln kämpfen. Wir sind keine militaristische Armee, wir benutzen die Waffen nur, um uns selbst zu verteidigen, um Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie zu erringen.
Politisch verstehen wir, daß das mexikanische Volk Demokratie haben sollte, und das ist es, was wir organisieren und dessen Umsetzung wir fordern.

Wir mußten eine Armee des Volkes bilden, um dies wirklich umzusetzen, eine wirkliche Demokratie des Volkes umzusetzen. Wir sind sehr verschieden, es ist eine andere Art der Armee, verrückt, aber gut für das Volk.

Wir sind bereit, den ganzen Weg zu gehen, wenn nötig zu sterben, für das Volk und aus dem Volk von Mexiko. Die EZLN übt die Demokratie in ihren Dörfern und Regionen aus, indem sie die Dörfer über ihre Initiativen und Kämpfe konsultiert. Das hat sie 1993 getan: Wir fragten ob wir unseren Kampf beginnen sollten. Das hat sie bei mehreren Gelegenheiten getan, wie jetzt mit der Sechsten Erklärung, und die große Mehrheit unserer Völker sagte ja.

Es ist einfach, Befehle zu erteilen, aber wir haben das nicht so getan, denn dann wäre es keine Demokratie, alle wurden konsultiert, ob sie mit der Initiative einverstanden waren oder nicht. Mit diesem neuen Plan, den wir jetzt ausführen, in der Sexta, gibt es etwas, daß ich euch gerne erzählen möchte. Es ist nicht sehr leicht für mich, darüber zu sprechen, aber so ist das, wenn man wirklich kämpft und bereit ist, den ganzen Weg zu gehen. Darüber möchte ich zu euch sprechen, aber ich muß erst sehen, ob ich das schaffe.

Ich, Oberstleutnant Moisés, kam in die Berge, um mich darauf vorzubereiten, ein Insurgent zu sein, und so, wie das ist, wenn jemand kommt, um sich den Aufständischen anzuschließen, lernt man zuerst und später erhält man die Befehlsverantwortung, um andere zu lehren. Viele Jahre lang war mein Kommandant unser unvergessene Compañero Subcomandante Insurgente Pedro.

Eines Tages - ich kann mich nicht an den genauen Tag erinnern, aber es war 1993 - sagte er zu mir oder er rief mir zu: "Moy, komm mal her," und ich ging zu ihm hin, in sein Haus, in eine der Baracken, die wir hatten, aber die von der ich euch erzähle, war die "Kollektiv"-Baracke. Ich kam, und er sagte zu mir: "Hör mal, Moy, da wir jetzt in die Öffentlichkeit gehen, um unseren Kampf für die Nationale Befreiung zu beginnen, falls irgend etwas passiert, oder mir irgend etwas passiert, wirst du mein Erster Offizier sein. Ich beauftrage dich, mit der Leitung der Compañeros und Compañeras und den Kampf weiterzuführen, die Arbeit weiterzuführen. Genau so wie ich," sagte er mir. "Ich bin der Erste Offizier für Compañero Subcomandante Insurgente Marcos."
Was dann passiert ist ... Mir ist nicht wirklich danach, darüber zu sprechen, weil es eine Geschichte ist, die ich nicht gerne erzähle, es ist sehr schmerzhaft und bedauerlich und gemischt mit Wut und Trauer. Wenn man einem Compañero sehr nahe steht, und er ist dein Kommandant, ... mitzuerleben, wie ein treuer Compañero stirbt, mit dem man lange Zeit gelebt hat, ist wie etwas ... nein, es ist besser, euch das nicht zu sagen ...

Ich erinnere mich an das letzte Mal, daß Subcomandante Insurgente Pedro und Subcomandante Insurgente Marcos sich sahen, ich war dabei. Ich hörte persönlich die letzten Anweisungen, die Marcos Pedro erteilte. Er sagte: "Pedro, du bist mein Zweiter Offizier, denk daran, also gib acht, daß du nicht stirbst!", und Subcomandante Pedro antwortete: "Wir werden gegenseitig aufeinander acht geben, Compañero." Das waren die letzte Worte, die Subcomandante Marcos und Subcomandante Pedro miteinander tauschten.

Subcomandante Pedro war sehr glücklich. Ich erinnere mich, daß er die Compañeros und Compañeras des Ersten Regiments versammelt hatte, und er sagte uns: "Compañeros, Compañeras, jetzt werden wir in die Öffentlichkeit treten, jetzt werden sie erfahren, für wen wir kämpfen, für das mexikanische Volk."

"Wir müssen uns mit ihnen organisieren, mit den Arbeitern", sagte er, "denn von dort komme ich her", denn er war ein Arbeiter, er war kein Indígena, aber er wurde mit uns zum Indígena, und er starb unter Indígenas. Ein Arbeiter, der loyal zu uns war, ist nicht mehr körperlich bei uns, aber er träumte davon, von dem, was wir hier taten. Er träumte davon, hier zu stehen, mit Arbeitern, Campesinos, Indígenas, Lehrern, Studenten, Nachbarn, Künstlern und vielen anderen, er erzählte uns davon.
Dieser Traum, den er träumte, ist das, war wir gerade tun, und deshalb spreche ich für ihn, denn für uns ist er nicht tot, genau wie die große Armut und Ungleichheit, unter der wir leiden, nicht gestorben sind. Für uns ist er nicht tot, und wir haben gesiegt. Für uns ist er nicht tot, denn das, was errichtet werden muß, geht weiter, und wir haben das, was erbaut werden muß, tatsächlich erbaut.
Für uns ist er nicht tot, denn er wird unter den Völkern des freien Mexikos leben. Aber damit es freie Menschen in Mexiko gibt, muß man, wenn nötig, sein Leben zu opfern wissen, und genau das ist dann passiert. Er fiel im Gefecht, am Morgen des ersten Januars 1994 in Las Margaritas. Er ist dort bei uns, an einem Ort an dem wir seinrn Körper beerdigt haben, seine Leiche, aber er ist auch hier bei uns, und wir möchten, das er mit den Compañeros und Compañeras ist, die sich der Sexta angeschlossen haben, und mit allen anderen.

Wie unsere Kommandanten uns beibrachten, folgt der nächste in der Reihenfolge, und in diesem Fall fiel es mir zu, die Arbeit weiterzuführen, nachdem Compañero Subcomandante Insurgente Pedro gefallen war.

Ich erinnere mich auch, daß ich mit Pedro sprechen wollte, als ich den Ort erreichte, an dem er gefallen war, und ich sagte zu ihm: "Was ist geschehen, Subcomandante, was ist geschehen?" Er antwortete mir mit Schweigen. Es schmerzt, einen geliebten Kampfgefährten zu verlieren, der gleichzeitig dein Kommandant gewesen ist, aber, wie ich schon sagte, jene von uns, die übrig sind, machen weiter.
Auf diese Weise entstanden wir, organisierten wir uns, als Soldaten. Wir sind für diese Fälle vorbereitet.

So wie heute, Compañeros und Compañeras. Sie kennen mehrere der Compañeros und Compañeras Comandantes und Comandantas, aber eines Tages werden wir sie nicht mehr sehen, je nach den Umständen unseres Kampfes, den Missionen, die ausgeführt werden müssen, um dem Kampf für ein freies Mexiko das Wort zu verleihen.

Mehrere der Compañeros und Compañeras Comandantes und Comandantas werden ausziehen, um in der Anderen Kampagne zu arbeiten. Sie wurden gebeten, die Entscheidung, an der Anderen Kampagne mitzuarbeiten, freiwillig zu treffen, denn sie und die Menschen sind es, die wir beschützen müssen. Wir, die Insurgentes, werden ebenfalls ausziehen, aber nicht freiwillig, sondern Befehlen folgend. Wenn man uns sagt, Compañero, Compañera, du wirst hinausziehen, um in der Anderen Kampagne zu arbeiten, oder man sagt uns, Compañero, beschütze weiterhin unsere Völker und organisiere den Widerstand besser, werden wir das tun. Was es auch immer ist, wir werden unsere Befehle ausführen.

Unsere Pflicht ist es, das Terrain zu erkunden, in das wir unsere Compañeros und Compañeras aus unseren Völkern führen werden. Wir sind die Soldaten, es gibt immer einige, die als Vorhut gehen müssen. Vorhut nennen wir jene, die vorausgehen, um das unbekannte Land zu erkunden. Und die Aufgabe der Vorhut ist es, herauszufinden, was es dort gibt. Ob das Land sumpfig ist, felsig, dornig oder andere Umstände, die die Vorhut beobachtet und uns dann informiert, damit wir wissen, was zu tun ist und wie es getan werden muß.

Wir wissen, daß mit "Vorhut" normalerweise die Anführer, die erfahrenen Kämpfer oder die Befehlshaber gemeint werden, die einzigartig sind, immer Recht haben und mehr wissen, und deshalb die Führer sind.

Wir verstehen es anders: Die Vorhut ist für uns das, was ich gerade erklärt habe, diejenigen, die losziehen, um das unbekannte Terrain zu erkunden, und es ist notwendig, das zu tun, damit der Kampf vorwärtskommt, das ist unsere Arbeit, die Erkundung des Landes.
Wir sind für diese Arbeit bereits organisiert, umorganisiert und alles andere. Die Nachfolge der Führungsspitze ist bereits gewählt.

Die Aufgabe der Vorhut, das Land für die Andere Kampagne zu erkunden, ist Compañero Subcomandante Marcos zugefallen. Er wird als erster ausziehen, und nach ihm werden wir ebenfalls folgen und uns bei der Arbeit auswechseln. Compañeros und Compañeras, das ist bereits geplant und entschieden worden.
Der Compañero Erster Offizier von Subcomandante Insurgente Marcos steht schon bereit. Er wird von uns Insurgentes bewacht und beschützt.

Compañeros und Compañeras, die Kampfmission ist Compañero Subcomandante Insurgente Marcos zugefallen. Wir vertrauen euch sehr viel an. Tut alles, was ihr könnt, für seine Sicherheit, denn er wird weggehen und sich außerhalb unseres Schutzes befinden, aber wir werden sehr wachsam bleiben.

Wir wissen, wer diejenigen sind, die wollen, daß es Tote gibt, und daß es für sie von Vorteil wäre, wenn jene, die kämpfen, sterben würden, besonders, ganz besonders, wenn die Zapatisten sterben. Sie planen, wie sie uns töten werden. Deshalb vertraue ich euch so viel an, Compañeros und Compañeras.
Wenn das passiert, wird unser Kampf nicht aufgehalten werden, wir sind darauf vorbereitet.

Hört gut zu, Compañeros und Compañeras, unsere Reise ist politisch, ideologisch und friedlich. Unsere Initiative spricht nicht mit Kugeln, sondern mit Worten und Gedanken und Ideen.

Männer und Frauen von der nationalen und internationalen Presse, nun, wir könnten auch euch Compañeros und Compañeras nennen, wenn ihr euch der Arbeit der Sechsten Erklärung anschließt. Aber wenn ihr es nicht tut, seid einfach gute Berichterstatter, berichtet, was gesagt wird und erfindet Sie keine Sachen.

Hört gut, unser Compañero Subcomandante Insurgente Marcos wird unbewaffnet reisen. Er wird nur mit dem losziehen, was Gott ihm gegeben hat, und unsere Initiative ist politisch, friedlich, es geht dabei um Ideen und Gedanken und Worte.

Jeder Versuch der schlechten Regierung und der Ausbeuter, den Kampf auszulöschen, wird fehlschlagen, deshalb bleiben wir hier, unser Befreiungskampf wird weitergehen.

Compañeros und Compañeras, der Compañero Subcomandante wird die Menschen nicht anführen, wir kommandieren nicht, wir halten uns auch nicht für die Vorhut eines Kampfes, oder glauben, daß wir besser oder einzigartig wären. Er wird nicht reisen, um den bewaffneten Kampf zu fördern, sondern für das, was die armen Menschen Mexikos wollen, den politischen, friedlichen Kampf.

Er nimmt nichts anderes mit als unser Wort, das wir mit all unseren armen Brüdern und Schwestern verbünden möchten, die in Mexiko kämpfen.

Wir, die Soldaten des Volkes, wir haben gar nichts. Alles, was wir haben, ist das Ziel des Kampfes. Unsere gesamte Ausrüstung und unsere Waffen gehören nicht uns, sondern dem Volk, wir passen nur auf sie auf und benutzen sie für den Kampf.

Und deshalb wird Compañero Subcomandante Marcos nichts mitnehmen. Wir vertrauen auf euch, Compañeros und Compañeras, daß ihr das Nötige für die Arbeit, die wir an euch überreichen, beisteuert. Nun, einige kleine Dinge wird er schon mitnehmen - ihr wisst schon, was es ist, nicht wahr? - denkt nichts Schlechtes. Er wird seine zerkaute Pfeife mitnehmen, die fester Bestandteil seines Lebens ist, seine getreue Compañera, von der er sich nicht trennen kann. Er wird ebenfalls seinen alten Computer mitnehmen, damit er uns schreiben und erzählen kann, wie die Erkundung des Terrains vorangeht. Heute vertrauen wir euch an, für das zu sorgen, was ihm für seine Arbeit fehlt.

Wir sagen noch einmal, daß wir keine Kriegshandlungen provozieren werden, um noch mehr Tote zu fordern. Nicht das. Das ist es nicht, was wir suchen. Im Gegenteil, wir möchten Leben leben, keine Tode.

Compañeros und Compañeras, wir geben euch alles: die obersten Anführer unserer armen Völker, ihr werdet bald sehen, Compañeros und Compañeras.

Nun, Compañeros und Compañeras, Menschen des armen Mexikos, es ist unsere Stunde, es ist die Stunde der Armen, gemeinsam "Ya Basta!" zu sagen.

Männer und Frauen, alle gemeinsam, kämpft für diese Heimat, die uns geboren hat und die andere übernehmen wollen. Wir werden es nicht zulassen, wir werden sie verteidigen, so wie unsere geliebten Menschen, die im Kampf gefallen sind, es uns beigebracht haben. Heute ist es an uns, keiner wird es für uns tun, nur wir selbst.
Niemand wird kommen, um uns aus dieser schrecklichen Lage zu befreien, in die uns die Verbrecher gebracht haben.
Marschiert voran, Compañeros und Compañeras! Schreiten wir alle zum Kampf für die Befreiung! Leben für die Heimat oder sterben für die Freiheit!

Oberstleutnant Moisés