Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung
Die anderen Winde


Im Namen des Zapatistischen Intergalaktischen TV Systems [spanische Abkürzung SZTVI], "das einzige Fernsehen, das gelesen wird," möchten wir uns für den Raum für die Präsentation dieser Sondersendung bedanken, gesponsert von "Huaraches Yepa, Yepa. Das einzige globalisierte Huarache" und "El Pozol Agrio - Genuss für den Gaumen."

Bei dieser Gelegenheit möchten wir auch berichten, dass die Kanäle, auf denen SZTVI ausgestrahlt wird, ausschließlich und vorzugsweise für den Zugriff der alternativen Medien zur Verfügung stehen, und für alle ehrlichen, prinzipientreuen Menschen überall auf der Welt. Als Alternative zum ermüdenden (und ineffizienten) PPV System, bietet das SZTVI das NPPV (No Pay Per View) System an, als höfliche Geste für unsere Compañeros und Compañeras.

Die folgende Sendung wird auf der Bandweite von unten und links wiederholt werden, durch Methoden, die vom Piratensender bis hin zum hoch entwickelten (und praktisch unstörbaren) Kloklatsch reichen. Und nun, die Sendung...


DIE ERSTEN ANDEREN WINDE

Erster Teil:
Chiapas, Quintana Roo, Yucatán, Campeche


"Wir wollen, dass ihr unserem Wort Wind verleiht, damit es sehr hoch fliegt und sehr weit kommt."

Worte eines Maya-Indígenas, gesprochen im Anderen Cancún, im Anderen Quintana Roo, im Anderen Südosten, in der Anderen Kampagne, im Anderen Mexiko.


Auf sich selbst schreitend, mit dem Vorwand einer Skimaske, nahm die Andere Kampagne dieses Jahr ihren Anfang, von ihren ersten Schritten an darauf hinweisend, wie die Antwort von oben lauten würde. Der Marsch mit vereinten Kräften der Anderen Kampagne, der am 1. Januar 2006 in San Cristóbal de las Casas stattfand, konnte miterleben, wie die Straßenlichter ausgingen, während er sich näherte. Fast gleichzeitig wurden die Mikrophone, Kameras, Kassettenrekorder und Notebooks eins nach dem anderen abgedreht. Der erste Sieg der Anderen Kampagne: mehr als Gleichgültigkeit verrät das Schweigen von oben Furcht, viel Furcht. Die gemeinsamen Schritte der Anderen sind nicht nur eine Herausforderung an das wirtschaftliche und soziale System (und die politische Klasse, die davon und damit lebt), sie sind auch ein weiterer Schritt, eine Änderung im Schritt und in der Richtung jener, die sich bisher in der Defensive befunden haben, Widerstand leisteten, überlebten, an der Geschichte kratzten, um nicht zu fallen. Die Andere Kampagne ist nun ein Schritt in die Offensive. Und damit ein Klang, der sich, obwohl noch klein, aus dem Mexiko von unten erhebt. Und er erhebt sich, um sich selbst in ein Murmeln zu verwandeln, dann in einen Schrei, und schließlich in eine Bewegung. Mit dieser Reise hat die Andere Kampagne eine Botschaft für die Oberen: "Ya Basta. Es reicht. Jetzt nehmen wir es mit euch auf." Ein kalter Schauer läuft über den Rücken des Systems: Anstatt den Oberen zuzuhören, ziehen es die Unteren vor, sich selbst zuzuhören.


CHIAPAS

Oben, eine Wanderbühnenkulisse. Unten, ein noch unvollständiges Herz und eine wachsende Empörung, die nach Weg, Pfad, Richtung und Schicksal sucht.

Die Stationen der Anderen Kampagne folgen einzeln aufeinander, aber die indigene Stimme wiederholt sich. Vom ersten Tag an hat die Andere Kampagne gezeigt, dass sie mehr, viel mehr ist, als die EZLN. San Cristóbal de Las Casas, Palenque, Chiapa de Corzo, Tuxtla Gutiérrez, das Gefängnis von Amate, Tonalá, Joaquín Amaro, San Isidro, Huixtla, Ejido Nuevo Villa Flores. Indígenas, ganz besonders Indígenas, und gemeinsam mit ihnen jene, die ihr Leid und ihre Rebellionen begleiten: Nichtregierungsorganisationen, Gruppen, Kollektive, Familien, Personen, die für die Verteidigung der Menschenrechte arbeiten, für die Gleichberechtigung der Geschlechter, für produktive Projekte, Bildung, Kultur, Umweltschutz, alternative Kommunikation, Analyse und theoretische Debatte. Mehrheitlich Frauen, mehrheitlich junge Leute. Dort sind sie, dort waren sie immer, schon vor 1994.

Aber etwas hat sich verändert: ihre Stimme trägt nicht mehr nur Solidarität und Unterstützung für den Zapatismus, nun spricht sie von ihrer eigenen Geschichte, ihrem Widerstand, ihren Kämpfen. Das "dies ist, was ich bin" mit dem die Sechste Erklärung aus dem Lakandonischen Urwald beginnt, fängt jetzt an, andere Geschichten zu erzählen und die Anderen durch ihre eigenen Stimmen zu benennen. Indigene Organisationen und indigene Gemeinschaften, sie sind keine Zapatisten, aber auch keine Anti-Zapatisten, demonstrieren, dass das ungelöste Anliegen nicht nur jenen zufällt, die sich 1994 bewaffnet erhoben haben, sondern auch der Wurzel der mexikanischen Bevölkerung selbst.

Das Wiedererscheinen der evangelischen Indígenas aus der Umgebung von San Cristóbal de Las Casas hat mit der Illusion aufgeräumt, dass das Andere Jovel mestizisch sei. In Palenque entwickelt sich etwas, dass wie ein Symptom anmuten mag, aber in Wirklichkeit eine Bewegung ist, die wächst, während die Andere Kampagne durch den mexikanischen Südosten weiterzieht: Widerstand gegen die hohen Elektrizitätskosten und gegen Privatisierung. Die ersten Stimmen gegen die Angriffe der Regierung, die versucht, die Stromindustrie zu privatisieren, haben eine dunkle Farbe und sprechen indigene Sprachen.

In Chiapa de Corzo und Tuxtla Gutiérrez erscheinen neue Stimmen mit ihrem eigenen Klang: Straßenhändler, Lehrer, Studenten, Bewohner, nicht-indigene Campesinos. Die Spannungslinie, die den Südosten mit dem Norden vereint, tritt bei den ersten Schritten in Erscheinung: David Meza, Chiapaneke, der als Sündenbock benutzt wird, um die Ineffizienz der Beamten bezüglich der Frauenmorde zu verbergen, die sich in Ciudad Juárez, Chihuahua eingenistet haben. Der junge Mann (26) wird beschuldigt, seine Kusine ermordet zu haben, Neyra Azucena Cervantes (19). Durch Folter wurde er gezwungen, ein Geständnis zu unterzeichnen. Der oder die wahren Mörder (von denen bisher noch keine Videos oder Audioaufnahmen gefunden wurden) sind immer noch auf freiem Fuß und fügen der Liste des Leides im mexikanischen Norden neue Tode hinzu.

Die jungen Studenten weisen auf eine Wahrheit: die Bildungslage ist schlecht und bewegt sich in Richtung Privatisierung, und wenn sie mit dem Studium fertig sind, gibt es keine Arbeit. Die Ungerechtigkeit trägt in Chiapas das Gesicht und die Namen von Indígenas, Campesinos, Lehrern, Journalisten. Aber auch die rebellische Würde: Sektion VII der SNTE [Nationale Gewerkschaft der BildungsarbeiterInnen] und die Nationale Landarbeitergewerkschaft UNTA steuern nicht nur Häftlinge bei, sondern auch Mobilisierungen. In Tonalá, in Joaquín Amaro, in San Isidro und in Huixtla, tritt die Bewegung des zivilen Widerstandes gegen die hohen Stromkosten wieder in Erscheinung, aber diesmal wissen sie, dass sie nicht alleine sind.

Und an der gesamten Küste von Chiapas ist die gemeinsame Arbeit von Beamten und Firmen für die Zerstörung der Natur zu sehen. Arbeit ist nun ein Luxus, für den man zahlen muss, und Armut ist ein Verbrechen. Kritik wächst gegen die politische Klasse und gegen die PRD als umgetaufte PRI, mit ihrer verbesserten und gesteigerten Korruption. Wasser ist hier knapp, den Schulen mangelt es sogar an Tafeln und Fox' Bekundungen über die "exzellente Bildung" klingen wie ein schlechter Witz. Alte Menschen protestieren dagegen, wie nicht-wiederverwertbare Produkte behandelt zu werden. Überall an der Küste ist die Sierra eine offene Wunde, die weit davon entfernt ist zu heilen. Weiter oben kommen wir zum Ejido Nuevo Villa Flores und der kämpferischsten Veranstaltung der anderen Kampagne, mit der OCEZ-UNOPII als Gastgeberin.

Auf halber Strecke erzwingt ein Schlag gegen das Herz das Schweigen, mit denen wir jene Kampfgefährten betrauern, die wir lieben. Comandanta Ramona ist von uns gegangen, und hinterlässt eine vielfarbige Stickarbeit als zapatistischer Vorschlag für die Andere Kampagne im ganzen Land. In den Bergen des mexikanischen Südostens reißen wir Zapatisten ein Stück von den Kleidern, die wir tragen, und mit diesem kummervollen Fetzen auf unserer linken Schulter, benennen wir jene, die wir nun über alle Maßen vermissen.

Inzwischen, während die Reise der Anderen Kampagne weitergeht, wechselt die Staatsregierung die Bühnenkulisse zu "Alles ist ruhig in Chiapas" um, aber nur für den Konsum derjenigen, die das Mordaza-Gesetz [Knebel-Gesetz gegen die Pressefreiheit] akzeptiert haben. Für die Photographen: Maschinen, die an der Reparatur der Strassen arbeiten. Für den Schatten: der Skandal der "verschwundenen" Hilfsmittel und Gelder für die Opfer der Hurrikans. Die Regierung von Chiapas – wenn sie etwas Zeit erübrigen kann von ihrer Arbeit als Grundstücksmakler und Imageberater für den "Jeans-König" (und Kaiser der Päderasten und der Kinderpornographie) – verfolgt und sperrt dissidente Lehrer und Journalisten ein und baut außerdem Monumente des Eigenlobs für sich und für Fox. Die Reise der Anderen Kampagne zwingt sie, ihre öffentlichen Ausgaben zu verdoppeln.

Zu spät. Es spielt keine Rolle, ob die da oben ihre Augen und Ohren verschließen. Hier unten wurde gehört und gesehen. Jetzt erhebt sich ein Wind, und von unten und links zieht es Richtung…


QUINTANA ROO

Oben, ein Land der Hotelbesitzer. Unten spricht Chan Santa Cruz von Neuem.

Chetumal, Carrillo Puerto, Playa del Carmen, Cancún. Namen, die auf Touristenziele, große Hotelketten und Naturkatastrophen hinweisen. Aber die Geschichte von unten weiß zu berichten, dass Letztere von den geschäftsfreundlichen Regierungen gebracht wurden. Die Privatisierung weiter Land- und Wassergebiete wurden durch Gesetzesumgehungen, durch die Beschlagnahmungen von Ejido- und Gemeindeland und durch die Zerstörung der Natur erreicht. Die Stimme der Campesinos denunziert das Beschlagnahmen von Land und die Privatisierung der Strände, die von Procede [Regierungsprogramm, das u.a. auf den Verkauf von Gemeindeland drängt] angeführt wurden. Während die nordamerikanische Regierung an der nördlichen Grenze eine Mauer errichtet, wird in Majahual eine weitere von ausländischen Firmen errichtet, um den Zugang zum Strand zu versperren. Die Landgegend unter diesem Himmel leidet nicht länger unter der Unaufmerksamkeit der Regierung. Jetzt besitzt sie ihre ungeteilte Aufmerksamkeit, aber nur, um sie zu erobern und vernichten: hohe Verzinsung, niedrige Preise für Produkte, die Verwandlung von Ejidatarios und Comuneros in Kleinstlandbesitzer unter Procede. Das Ergebnis ist Verschuldung, Beschlagnahmung oder Kauf und Verkauf. Und da wo es früher Ackerland gab, steht nun, oder wird stehen, ein Einkaufs- oder Touristenzentrum, eine Erholungsgegend oder ein Flughafen.

Schlimmer noch: Nach Hurrikan Wilma, war es da etwa nicht die Priorität von Fox' PAN-Regierung, den großen Hotelbesitzern Hilfe zu bringen anstatt den bescheidenen Leuten? Furcht vor der Anderen Kampagne veranlasste die oben, an die Mayas von Nicolás Bravo Decken zu verteilen, damit sie nicht zu den Treffen gehen würden, während das Holz von großen Konzernen mit Regierungszulassungen geplündert und der Urwald mit gesetzlicher Unterstützung vernichtet wird.

Aber Natur und Geschichte haben ihre Wachen. Individuell oder in Organisationen unterhält der Schutz der Umwelt und des geschichtlichen Erbes Hochburgen in ganz Quintana Roo. Männer und Frauen treffen sich, analysieren, diskutieren und beschließen, nicht zu schweigen oder tatenlos zu bleiben. Sie ergreifen so einen doppelten Kampf: einen für die gesetzliche Verteidigung von Natur und Geschichte, den anderen um unter den Menschen von unten und links Bewusstsein dafür zu schaffen. Mit diesen Anstrengungen einhergehend, ist eine weitere künstlerische und kulturelle Arbeit auf dem Vormarsch, die sich der Geschmacklosigkeit des Foxschen Kulturprogramms entgegenstellt und unten nach anderen Ohren, anderen Blicken sucht.

In einer Ecke der Ecke des mexikanischen Südostens erscheint dann die indigene Stimme der Vereinigung zur Verteidigung der Maya-Bevölkerung und das Kollektiv von Isla Mujeres. Das dunkle Wort der Allerkleinsten hat den Zweck der ersten Etappe der Anderen Kampagne am besten erfasst: Dem Wort Wind zu verleihen, um hoch hinauszufliegen, weit hinauszureichen. Die stolpernden ersten Schritte der alternativen Medien in der Karawane haben nun aus diesen Entfernungen ihren eigenen Schritt und eine feste Definition gefunden: damit das Ohr existieren und wachsen kann, ist das Wort der Anderen vonnöten. Die Richtung der anderen Kameras und Mikrophone wurde so geändert, und mit diesen anderen Männern und Frauen beginnen nun die Stimmen von Campesinos und Fischern zu fliegen, von Bauarbeitern, Handwerkern, Straßenhändlern, indigenen landlosen Campesinos, Einwohnern, Studenten, Lehrern, Arbeitern, Forschern, Männern, Frauen, Jugendlichen, ganz besonders Frauen und Jugendlichen.

Aber zusätzlich zu den Stimmen, Flüstern und Rufen hört die Andere Kampagne auch Schweigen. Hier auf dem Maya-Boden von Quintana Roo, greift Chan Santa Cruz die Botschaft der chiapanekischen Berge auf, lässt es widerhallen und wiederholt es so: "Mögen alle Hüter des Landes, der Mutter, erwachen. Mögen die Beschützer erwachen. Mögen sie aus der Nacht des Kummers erwachen. Die Stunde ist gekommen."

Der Wind nimmt nun neue Kraft auf und mit der Stimme des Anderen als Motor und Kraftstoff gelangt er nach...


YUCATAN

Oben, eine Hacienda als politisches Projekt. Unten, die Maya-Würde, die das andere weckt.

Auf der einen Seite, der von oben: der Widerstand des Mächtigen gegen das Verlieren von Privilegien, die mit Blut und Feuer in den Zeiten der Conquista erobert wurden. Auf der anderen Seite, der von unten: die uralte Rebellion, die ihre Farben vervielfacht.

Die postmoderne Hacienda des PANistischen Yucatán fügt zum Tourismus und zum Öl noch den Aufbau von Maquiladoras hinzu. Darüber konstruiert man das schwache Gerüst der Regierungspropaganda: obwohl die lokale ökonomische Macht weiterhin so denkt wie im 16. Jahrhundert, beutet Yucatán diese Ländereien (und seine Leute) mit Methoden des 21. Jahrhunderts aus.

Das ist das politische Projekte der Partei der Nationalen Aktion [PAN]: die Mentalität des Gutsherrn, der eine Industrie anführt. Das wirkliche Ergebnis bricht mit dem fragilen Bühnenbild der "Regierung des Wechsels": Raub von Land, Privatisierung des historischen Kulturgutes, fabrikmäßige Ausbeutung, Umweltzerstörung, Migration. Im ländlichen Yucatán nimmt man diese Wahrheit besser wahr: Die Zerstörung der mexikanischen Landwirtschaft ist nicht das Produkt der Unfähigkeit der Regierungen, sondern ihr wichtigstes Ziel. Es handelt sich um einen strategischen Plan, der, in einfachen Worten, aus einem Krieg besteht, einem Krieg der Wiedereroberung. Aber dieser Krieg geht nicht nur von einer Seite aus, denn unten erklingt der Widerstand.

Und so tauchen die Wächter auf, die klarstellen, dass man in ihrem Namen das Vergessen der ursprünglichen Menschen dieser Ländereien nicht als Gesetze erlässt; die Maya-Kunsthandwerker, die sich gegen die Vertreibung der Erinnerung widersetzen, die ihre Vorfahren zu Stein gemacht haben, Chichen Itzá; die Fischer in Puerto Progreso von der Kooperative Camarón Vagabundo, die beklagen, dass sie zu Kriminellen werden, wenn sie ihrer Arbeit nachgehen, wegen eines Gesetzes müssen sie dafür bezahlen, dass man ihnen eine Arbeitserlaubnis gibt, und nicht nur das, außerdem rauben die Inspektoren ihr Produkt; die Ejidatarios von Oxcum melden, dass man ihnen ihr Land für den Bau eines Flughafens rauben will; die Leute, die Verfolgung erleiden, weil sie eine andere Kultur leben und fördern.

Mit Sprache, Farbe und Art der Maya suchen sie voller Wut und Empörung an den Seiten und treffen auf die Anderen, die ebenfalls - wenn auch getrennt - dieses "¡Ya Basta!" wiederholen. Sie tauchen hier auf, gemeinsam mit SiedlungsbewohnerInnen, StudentInnen, KunsthandwerkerInnen und AkademikerInnen, Homosexuellen, ihrer Oase von San Juan de Dios und ihrem dreifachen Kampf gegen AIDS: gegen den Virus, gegen die Gesellschaft, die sie diskriminiert und ausgrenzt und gegen die Regierung, die sich von dem Problem abwendet. Sie schließen sich dem Kampf für den Respekt der sexuellen Vielfalt an.

Alle sagen, wiederholen und insistieren: wir werden uns nicht vergessen, nicht mehr, es reicht. Und nun hört man nicht mehr nur den Schmerz in den Stimmen von unten, sondern auch eine Freude, die von denen, die anfangen zu merken, dass sie nicht alleine sind, die von denen, die beim Zuhören und sich Zuhören den Compañero und die Compañera finden.

Aber der rebellische Wind der Halbinsel hält hier nicht inne und geht weiter nach...


CAMPECHE

Oben, die Zerstörung als Plan der Regierung. Unten, die Rebellion der Farben.

In Bekal ertönen die ersten Stimmen, und von hier aus beginnen sie Alarm zu schlagen, wegen der großen Sache, dass eine Volksbewegung im ganzen Land aufgebaut wird. Man erstattet Bericht: Ejidatarios, die von korrupten Anführern, von der Regierung und von den Großeigentümern bedrängt werden. Heutzutage muss man dafür bezahlen, das eigene Land zu bearbeiten, oder, bezahlen, weil man arm ist. Im Hafen von Campeche geht die Stimme weiter und das Zuhören ist vor allem von Jugendlichen organisiert. Die Ungerechtigkeit hat in der Zahl Zwei die einzige Gemeinsamkeit: 20 Familien von Reichen, 200 von Höflingen und 200.000 arme Familien. Die Eigentümer der Wirtschaft sind auch die der Politik: eine mächtige Familie präsentiert Kandidaten für die drei Parteien: PRI, PAN und PRD. Sie eignen sich die großen Ländereien und Strände an und die Campesin@s und FischerInnen werden Angestellte der Tourismus-Zentren oder emigrieren in die Vereinigten Staaten.

An der Hand der lokalen Reichen trägt PEMEX [staatl. Erdölkonzern] zur Zerstörung der Natur bei. In Campeche wird eine Wahrheit klar: die Natur wird genau von den Autoritäten zerstört, die den Auftrag haben, sie zu schützen. Die Piraten und Korsaren, die früher die Küsten von Campeche verwüsteten, haben heute öffentliche Ämter und wirtschaftliche Posten und tauchen auf den Gesellschaftsseiten auf, während 180.000 EinwohnerInnen im Zustand extremer Armut überleben. Der Schmerz reicht bis nach Xpujil (Calakmul) und Candelaria. Die alte PRIistische Politik (manchmal unter der Fahne der PT, der Convergencia, der PAN oder der PRD) wiederholt sich auf dem mexikanischen Land: Kauf der Bauernführer, Spaltung und Konfrontation zwischen Organisationen, Repression, Verfolgung, Gefängnis, Tod. Die Migration in die USA ist die einzige Tür, die sie offen vorfinden. Die Situation unterscheidet sich nicht viel von der aus der Zeit der Chicleros [Gummibaum-ArbeiterInnen]. Die Ungerechtigkeit in diesen indigenen Ländereien wurde von Carlos Salinas de Gortari [mex. Präsident (PRI) von 1988-94] als Calakmul getauft (Edificios Gemelos), um den Eifer der Neoconquista [Wiedereroberung] des Kapitals nochmals zu markieren: diese Ländereien werden mit all ihrem historischen Reichtum, den sie innehaben, den neuen Herren des Geldes gehören.

Und in diesem Krieg nehmen die Lügen einen bedeutenden Ort ein: die Hilfsprogramme der Regierung erreichen nicht vollständig ihr Ziel, an irgendeinem Ort bleiben diese Gelder zurück, und trotzdem wird um den Fortschritt, den die Regierung erreiche, viel Aufhebens gemacht. Der moderne Raub folgt bekannten Wegen: Bankkredite, wachsende Zinsen, all die Arbeit, die sich die Bank einverleibt und die Schulden steigen, wie sie wollen, das Procede [Regierungsprogramm, das u.a. auf den Verkauf von Gemeindeland drängt] eliminiert die gesetzlichen Hindernisse und beschlagnahmt sie. Jahrelange Arbeit und am Ende, kein Land, kein gar nichts ... nur die Wut.

Aber im unteren Campeche gibt es Rebellen, die nicht nur von hier stammen, sondern aus den meisten mexikanischen Bundesstaaten. Und so nimmt die Rebellion im ganzen Bundesstaat viele Farben an. Wie die Ungerechtigkeiten sich vermehren, so vermehren sich auch intelligente und organisierte Rebellionen.

Das Andere Campeche vereint Kunsthandwerker, Campesinos, kulturelle Kollektive und solcher zur theoretischen Analyse, Bienenzüchter, Mitglieder von Kooperativen, zumeist Indígenas. Viele kommen aus den kirchlichen Basisgemeinden und dem kritischen Christentum. Und alle stimmen darin überein, genug zu haben, in ihrer Wut, Empörung und Rebellion. Aber sie hören hier nicht auf, sie formieren ihre Organisationen und lernen im Kampf, und dort identifizieren sie Gegner und Compañero, Opportunisten und den momentanen Passagier.

Der Wind erklingt in der Anderen Kampagne und wiederholt "Es reicht!" und das Echo ist so gewaltig, das es das andere Land erreicht, das unten und links über die Nacht wacht, um an einem anderen Morgen seinen Weg fortzusetzen, nach Tabasco, Veracruz, Oaxaca und Puebla.


PAUSE

Auf ihrem Weg und mit ihrem Weg beginnt die Andere Kampagne, sich in eine Option zu verwandeln, in eine andere Sache, in eine andere Alternative zur Hoffnungslosigkeit. Während dort oben der Lärm kommt und geht (und das Geld, um Diskussion und Debatte zu simulieren, wo es doch nur Werbespots gibt), klingt in den anderen Stimmen von unten ein Echo, das nicht aufhört, das beginnt, sich selbst im Kollektiv zu definieren: Die Andere vereint Kämpfe und Gedanken. Das "ich bin" beginnt allmählich, sich in ein "wir sind" zu transformieren.

Verschiedene gemeinsame Aspekte in den ersten Winden:

- Die unverhüllte Verbindung zwischen Unternehmern und Politikern aller Parteien.
- Der Raub von Land.
- Die Privatisierung des historischen Kulturerbes.
- Die wissentliche Zerstörung der Umwelt.
- Repression, Verfolgung und Gefängnis als Antwort für diejenigen, die sich in sozialen Kämpfen engagieren.
- Hohe Lebenshaltungskosten, besonders im Bereich elektrische Energie.
- Die Migration in die USA.
- Die Krise der Bildung auf allen Ebenen und, letztendlich, der Abgrund der Arbeitslosigkeit.
- Die Übersättigung mit der politischen Klasse und die Kritik an den institutionellen politischen Parteien.

Und hier beginnen sich die Brücken zwischen allen, die wir von unten sind, auszubreiten. Die erste davon ist der Kampf für die unsrigen: die Freiheit für alle politischen Gefangenen und die Aufhebung aller Haftbefehle gegen soziale KämpferInnen.

Doch nicht nur das, es tauchen auch Vorschläge auf: Generalstreik gegen die Zahlungen an die Föderale Elektrizitätskommission [CFE] bis gerechte Tarife vereinbart werden, entsprechend dem Kriterium, dass der Reiche mehr bezahlt und der Arme weniger oder gar nichts zahlt; die generelle Ablehnung der Bauern und Bäuerinnen gegenüber dem Procede; die landesweite Blockade gegenüber der offiziellen Politik der Naturzerstörung; die landesweite Verteidigung des historischen Kulturerbes gegenüber der zunehmenden Privatisierung; der Aufbau einer neuen Option für die zukünftigen MigrantInnen, der in einem Aufruf besteht: "Bleibt und kämpft!"; ein Anderer 1. Mai der Anderen ArbeiterInnen; und die ersten Symptome von anderen Realitäten und Forderungen, von denen wir später erfahren.


Video Click: die Woche oben und unten

Es gibt Unterschiede oben und unten beim Durchstreifen der Woche. Dort oben ist immer Montag, auch für die, die sich als Wahlalternative präsentieren.

Das eine ums andere Mal sagen sie uns, dass man nicht eilig gehen muss, dass man innehalten muss, dass man so langsam laufen muss, dass man eine Bewegung gerade noch simuliert.

Ah! Es ist so schön hier oben! Angemessene Unterhaltung für eine Tasche voller Plastik, hohe Kultur, Autobahnen und breite Straßen für die Fahrzeuge, zweite Stockwerke um zu bestätigen, dass wir oben sind [Anspielung auf neue hochgelegte Straßen in Mexiko-Stadt], das Fernsehen als Bühne und Momentaufnahme in jedem mexikanischen Haushalt. Ah! Schon wieder diese Störenfriede von unten, die sich untereinander Gehör verschaffen, die Geschichten austauschen, die in Büchern und Essays so schön aussehen, aber so, wie sie erzählt werden, beleidigen sie, mein Freund, wie geschmacklos ist diese Demokratie in dem Wort von unten. Wofür sind wir also da, die Repräsentanten des Volkes, die Meinungsführer, die Artikelschreiber, die Sprecher, die Herausgeber? Wie können sie sich es herausnehmen, auf die Mittler zu verzichten und unter sich selbst zu reden? Und darüber hinaus, außer miteinander zu reden und sich zuzuhören, wagen sie auch noch sich aufzulehnen. Machen Sie lieber den Fernseher lauter, mein Freund. Ja, machen Sie so weiter! Wie laufen die Umfragen? Gut, wir führen sie an.

Was? Die Andere Kampagne? Ein Gemurmel, man muss sich keine Sorgen machen... Oder doch? Ich weiß nicht, warum sie verzweifeln und uns das Gefängnis versprechen. Aber wer berät sie, dass sie versuchen, auf uns zu verzichten? Sie selber? Warum warten sie nicht lieber? Wir können sie weiterhin anführen, ihnen die Vorsicht und die Klugheit beibringen, die wir gelernt haben, und - schauen Sie - es ist so bequem! Schwarz-rotes Wochenende? Entschuldigung, mein Freund, diese Farbe ist nicht registriert, sie zählt nicht. Wie, sie wollen keine Registrierung? Eine andere Politik ist doch nicht etwa möglich? Und wir, die geweißten Gräber des langsamen Wechsels, äußerst langsam, auf dass man es nicht merke, mein Freund, denn sonst erschrecken sich die Investoren? Wie, sie wollen keine Investoren? Und keine Politiker? Und schauen Sie, mein Freund, sie sind soooo prämodern. Hoffentlich beeinflussen sie nicht die Umfragen, was wäre sonst mit unserer Demokratie?

Sie sehen so schön aus, wenn sie schweigen, innehalten, aufmerksam sind auf unser Wort und unsere Führung. Ja, einige Undankbare. Sie wissen nicht, dass man nichts mit solcher Eile machen kann, so weit unten, so weit links. Ja, Schritt für Schritt. Und jetzt, mit dem Projekt am Isthmus... Was? Das selbe wie der Plan Puebla Panama? Nein, mein Freund, wenn das von der Linken ist. Bah! Es werden einige indigene Dörfer verschwunden sein und ein paar Ländereien werden betroffen sein. Aber es wird Arbeitsplätze geben, Maquiladoras und, indirekt sichtbar, den Höhepunkt der Dienstleistungs- und Tourismusindustrie. Ja, die Modernität, aber mit menschlichem Antlitz, mit unserem Gesicht.

Diese Linke, wie sage ich es Ihnen, ist sie nicht etwa eine hässliche, schlecht erzogene und ordinäre Linke? Wo bleibt das hohe Niveau in der Debatte, unsere Geschicklichkeit, dem Wort die Zweischneidigkeit zu nehmen, auf dass wir alle Freunde bleiben, zufrieden, unbeweglich. Ja, wir sagen, was Debatte ist und was nicht, zum Beispiel, jede Diskussion, die zu konsequenten Verpflichtungen führt ist keine Debatte von Niveau, sie ist für Ultras, Hoffnungslose, Verärgerte. Bah! Sie halten nichts aus, einige erschossene, entführte, gefolterte und beraubte Indígenas. Nein mein Freund, schauen Sie nicht nach dort unten, wozu? Hier ist der reife, ruhige und vernünftige Weg. Schauen Sie, wie wir uns fast nicht bewegen? Nein mein Freund, lassen Sie sich nicht ablenken, schauen Sie mich an, hören Sie mir zu, setzen Sie sich hin, warten Sie, bewegen Sie sich nicht, so ganz ruhig. Schauen Sie, was Sie machen müssen, ist, mich das meinige tun zu lassen. Das übrige ist eben das, das "übrige", das "andere".

Hören Sie mein Guter, und sind es viele? Und Sie sagen, sie haben es auf uns abgesehen? Auf alle? Auch auf die Linke, die treu und loyal zum System steht? Und werden sie lange brauchen? Sie wissen, die Akademie, das Café, das Auto, der Posten, das Gespräch, die Liebkosung, die wir uns geben und erhalten, die Einladung zum Essen mit diesem Politiker-Unternehmer-Führer, der sooo wichtig ist.

Eine Andere Kommunikation? Mal sehen, sagen Sie mir wofür, wenn die, die wir haben, die ist, die befiehlt, die in den Umfragen hoch im Kurs steht, die demokratische und moderne. Eine Andere Information? Gibt es etwa etwas wichtigeres zu berichten als das, was mich besorgt? Eine Andere Kunst? Wie? Und die exquisite Auswahl nach unserem Gusto? Eine Andere Kultur? Nun ja, die charrapastrosos benötigen ihre eigenen Dinge. Sie sehen so schön aus mit all' diesen Sachen, wie sagt man? Ja, genau, mit ihrer Überempfindlichkeit, ihrem Kunsthandwerk, ihren Piercings, ihren Tätowierungen, ihren abstehenden und skandalös gefärbten Haaren, ihre "cool-Alter-..."-Sachen, ihre Musik. Nein, mein Guter, dies ist kein Rock. Der wahre Rock ist aufgeräumt, "nice", er ist "Dein Rock ist Wählen", er ist "sei lieber ruhig", er ist von dieser Unbeweglichkeit, die sich bewegt, hüpft und applaudiert, aber zum Nachdenken... nun, mein Freund, wozu? Wie auch immer, sie werden heranwachsen, reifen und so wie wir sein... oder nicht?

Was sagen Sie? Eine Erhebung? Landesweit? Ist es nicht nur ein nationaler Briefkasten für Beschwerden? Sie vereinen und organisieren sich auch? Aber das ist zu schnell, sie sollten nur einige wenige sein. Was? Sie wachsen? Hören Sie, aber, stimmt es, dass sie immer noch eine ganze Zeit brauchen werden? Es geht um mein Stipendium, meinen Posten, mein Editorial, mein Essay, meinen Lehrstuhl, meine Kandidatur...


Nicht autorisierte Interferenz

Chiapas, Quintana Roo, Yucatán, Campeche, Tabasco, Veracruz, Oaxaca, Puebla. Acht Staaten und eine einzige Herausforderung: die Kommunikation, eine andere Kommunikation. Unter den Schlussfolgerungen dieses ersten Drittels der Reise durch das Land ist die, dass dieses "Ganz Mexiko ist Telcel-Territorium" eine Lüge ist. Slim [einflussreicher Unternehmer] muss man ins Gefängnis stecken, nicht nur, weil er ein Ausbeuter ist, sondern auch, weil er verlogen ist.

Eine der Herausforderungen ist die Kommunikation mit all jenen, mit denen man dafür kämpft. Die Technologie muss ebenfalls den Weg von unten suchen, damit sich das Gewebe dieses Netzes auch in der Anderen Kampagne sichtbar macht. Dies ist eine Aufgabe für jetzt, für sofort. Die alternativen Medien sollten sich nicht damit zufrieden stellen, das Wort der "Anderen" auf ihren bisherigen Kanälen aufrecht zu erhalten. Sie sollten, so denken wir, nach den anderen suchen, die nicht die Mittel und die Vorgehensweise haben, um sich über dieses "Andere" zu informieren, das unten und links wächst.

Schritt für Schritt verstehen die anderen Medien der alternativen Kommunikation, dass die Sechste Kommission der EZLN nur ihre "Backstage" ist, ein Team zur Unterstützung (in dieser Etappe hochnäsig und schlecht gelaunt), das ein wenig bei der Hauptsache dieses Teiles der "Anderen" hilft: dem Wort von unten zum Wachsen zu verhelfen und ein kollektives Gehör dafür zu schaffen. Aber es fehlen immer noch das Wissen und die Technik, um die weit entfernten Compas einzubinden.


Provisorisches Finale (nur für breite Kriterien)

Man sieht schon fast die Morgendämmerung. Das Sonnenlicht beginnt, sich durch die Ritzen zu zeigen und wir müssen zu den dunklen Schatten zurückkehren, die uns bekleiden. In den Händen fehlt weiterhin die begehrte Haut und das Erdbeben ihrer Haare. Ein Seufzen verbleibt auf den Lippen. Der Blick und die Wolke, die ihn umgibt, vermissen das Licht, das ihnen fehlt. Ah! Die Fallen der Phantasie: im Traum des Halbschlafs waren ihre Oberschenkel Schal um die Wangen und Gefängnis für die Taille; wieder auf den Beinen, endete der Umzug der Sehnsucht nach einem kurzen Abgrund, in einem humiden und gemeinsamen Fall. Und am Ende gab es keine Schulden mehr, als die, die man mit sich selber hat. Ah! Das Verlangen, sich in ihrem Regen zu befeuchten, sich daran zu stillen und zu wachsen.

Es dämmert mit der Gewissheit, dass es kein besseres Foto geben wird, als das, welches ich mit meinen Händen und Lippen angefertigt habe, kein besseres Audio oder Video als das der Geburt ihres Seufzens und Stöhnens, kein besseres Konzert oder Gemälde als das der vereinigten Haut, kein besseres Interview als das unserer Körper...

Andere Kommunikation? Andere Information? Andere Kunst? Andere Kultur? Andere Kampagne? Wer zum Teufel umarmt diesen Unsinn?

Sie klopfen an die Tür des Tages. Der Schatten bindet sich die Stiefel und die Lust fest. Es gilt, weiterzugehen, zuzuhören...

aus dem Anderen Tlaxcala,
Sup Marcos


PS: Am 15. Februar diesen Jahres umfasste die Sechste Deklaration und die Andere Kampagne 1.036 politische, indigene, soziale und Nichtregierungsorganisationen, Gruppen und Kollektive, alle von unten links. Ohne weitere Hinzufügungen als ihre Stimmen, ohne weitere Unterschriften als die, die ihre Schritte durch das Land mit Entschlossenheit besiegeln. Hier sind wir, wir sind die Andere, die rebellische Würde, das bis heute vergessene Herz der Patria.