Alle sind willkommen
Comunicado IV & V


An die Organisationen, Bewegungen,
Gruppen, Kollektive und Personen,
die die Sechste Erklärung unterstützen.


Compañeras und compañeros:

Ich schreibe, um euch darüber zu informieren, wie die Vorbereitungen für die "andere Kampagne", bzw. den nationalen Teil der Sechsten Erklärung aus dem Lakandonischen Dschungel vorangehen.


Zum Thema: Unterstützungserklärungen

Dem letzten Bericht zufolge haben wir bis zum 31. Juli 2005 zwei Briefe mit kritischen Kommentaren zur Sechsten Erklärung erhalten, die über Risiken und Gefahren warnten, sowie einen Brief, der kritisierte, dass wir López Obrador kritisierten. Darüber hinaus haben folgende ihre Unterstützung bekundet und kündigten ihre Teilnahme an den Vorbereitungstreffen für die "andere Kampagne" in Mexiko an:

30 politische Organisationen, die sich als Linke charakterisieren
32 Organisationen der Indigenen Völker Mexikos
47 linke soziale Organisationen
210 Nicht-Regierungs-, künstlerische und kulturelle Organisationen, Gruppen und Kollektive
636 Frauen, Männer, Alte, Jungen und Mädchen, individuell oder von Familien, Straßen, Barrios, Wohnvierteln, Gemeinden.

Wie angekündigt werden wir eine Reihe von Arbeitstreffen mit diesen Organisationen, Kollektiven und Personen beginnen. Das erste Treffen wird diesen Samstag, dem 6. August 2005, mit linken mexikanischen politischen Organisationen stattfinden. Danach, am 13. August, mit indigenen Organisationen; Samstag, 20. August: mit sozialen Organisationen; Samstag, 27. August: mit NGOs und Kollektiven; Samstag, 3. September: mit Einzelpersonen und Delegierten von Familien, Straßen. Gemeinden, Wohnviertel, Barrios, und am 10. September mit allen, die an den anderen Treffen nicht teilnehmen konnten. Diejenigen, die an keinem der Treffen teilnehmen können, sollen nicht traurig sein - wir werden sie regelmäßig über alles informieren, was passiert und bei den einzelnen Treffen vereinbart worden ist.


Zum Thema: Wo die Treffen stattfinden

Die compañeros, compañeras und zapatistischen Unterstützungsbasen der Tzeltal Selva Region, die im Caracol von La Garrucha versammelt sind, haben sich einverstanden erklärt, für die Arbeitstreffen in sechs verschiedenen zapatistischen Gemeinden dieser Region als Gastgeber zu fungieren. Die Zapatistas haben an den Minimaleinrichtungen für Unterbringung, Verpflegung und Arbeit derjenigen gearbeitet, die sich entschieden haben, mit uns zu schreiten.


Zum Thema: Wie der Ort des ersten Treffens zu erreichen ist.

Um zum ersten Treffen zu gelangen - das für politische Organisationen - muss man folgendes tun: Kommt nach San Cristóbal de Las Casas und nehmt Autobahn Richtung Comitán und Ocosingo. Ihr kommt an einer sehr großen Baracke und einem Trainingslager der Bundesarmee vorbei, und nur ein kleines Stück weiter befindet sich eine Kreuzung; rechts geht es nach Comitán, und da wollt ihr nicht hin, stattdessen biegt ihr nach links ab in Richtung Ocosingo. Nun werdet ihr Huixtán, Oxchuc und Cuxlijá passieren und in Ocosingo ankommen; dort nehmt ihr die Umgehungsstraße Richtung Selva Lacandona, und es geht weiter in Richtung La Garrucha. Laßt die Baracken der Bundesarmee in Tonina hinter euch und das Gefängnis, das die Regierung von Chiapas an den Ausläufern von Ocosingo gebaut hat. Als nächstes kommt ihr durch den Ferienort Rio Jataté, und dort steht ein großer Schild, das sagt, dass die Bundesregierung die Autobahn von San Quintín asphaltiert hat, und: "Die Regierung der Änderung hält, was sie verspricht". Gut, dann folgt eine weitere Kreuzung: rechts geht es nach Altamirano, nehmt das nicht, links geht es nach San Quintín, da wollt ihr hin. Fahrt weiter, außer euch vor Freude und verblüfft von allem, was Fox für Chiapas getan hat, aber nicht zu sehr, denn gleich dort in der Nähe hört die Autobahn auf und der Schlammweg beginnt (mit anderen Worten, die Regierung der Änderung hält nicht, was sie verspricht). Fahrt fröhlich weiter, aber jetzt staubiger oder schlammiger, je nachdem, ob es gerade geregnet hat oder nicht, und fragt euch, was aus dem Geld geworden ist, von dem es hieß, es sei für Chiapas bestimmt.

Nach einer Weile, etwa nach einer Stunde, erreicht ihr ein Dorf namens Carmen Pataté. Dort seht ihr ein Banner, auf dem steht: "VORBEREITUNGSTREFFEN FÜR DIE SEXTA. INFORMATION," aber das ist nicht dort. Verliert auf keinen Fall den Mut, denn ihr könnt hier Halt machen und auf die Toilette gehen, die Beine vertreten und Bescheid geben, dass ihr gerade angekommen seid, und vielleicht begleitet euch sogar ein Führer. Nun, reist wieder weiter bis ihr das Dorf San Miguel erreicht, wo ein anderes Banner steht: "ZUM SECHSTEN TREFFEN" und ein Pfeil, der nach links deutet. Folgt dem Pfeil, dann kommt ihr ein Stück weiter in einem anderen Dorf zu einem anderen Banner, auf dem steht: "HIER IST ES." Und da ist es dann, und ihr werdet viel Tumult sehen, weil ihr bestimmt zu spät angekommen seid und die anderen bereits dort sind, und sie werden euch alle mit diesem "Wie kann man sich so verspäten und wir haben alle stundenlang auf euch gewartet und wollten schon ohne euch beginnen"-Blick betrachten. Aber laßt euch nicht einschüchtern, macht einfach auf "Die unpünktliche Linke ist origineller" (oder irgendwas, das sich auf "unpünktlich" reimt), und dann werden die Compañeros sich eurer annehmen und ihr werdt sehen, dass alle Zapatisten sehr glücklich sind, dass ihr angekommen seid, und wir werden eine "Alegría" abhalten, das heißt, ein Tanzfest mit Cumbias und Rancheras, um euch willkommen zu heißen, und dann werden wir alle sehr ernst werden, und das Treffen beginnt.

Anmerkung: Falls ihr kein Transparent mit den Worten, die ich beschrieben habe, finden solltet, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder seid ihr irgendwo völlig falsch abgebogen, oder wir haben es nicht geschafft, die Banner aufzuziehen. Dann wird es, wie alles, was im Leben von Wert ist, ein "Geheimnis" sein.

Die geschätzte Reisedauer ist: von San Cristóbal nach Ocosingo etwa zwei Stunden, langsam, vorsichtig fahrend, weil es dort viele Kurven gibt; von Ocosingo nach Carmen Pataté, etwa eine Stunde; von Carmen Pataté nach rechts, wo das Treffen stattfinden wird, etwas weniger als eine Stunde. Also insgesamt ungefähr vier Stunden von San Cristóbal de Las Casas aus.

Noch etwas anderes: Ihr könntet unterwegs möglicherweise auf einen Konvoi von Artilleriefahrzeugen der Bundesarmee stoßen, die Patrouillen macht (von denen Fox sagt, sie fänden nicht mehr statt), und die Soldaten werden euch filmen und fotografieren. Vergesset also nicht zu winken, und macht euer Haar ein wenig zurecht, wegen der "revolutionären Eleganz gegen den reaktionären schlechten Geschmack".

Vale. Salud, und willkommen an alle!


aus den Bergen des mexikanischen Südostens
für das Sechste Komitee der EZLN
Subcomandante Insurgente Marcos


Zum Thema: Aussage des wiederkehrenden P.S., A.C. des C.V. Unlimited & Co., weiterhin informierend, über die letzten Ereignisse im Zusammenhang mit dem angeblichen Pinguin, der sich angeblich auf angeblich zapatistischem Land in der Selva Lacandona von Chiapas (oder weit weg von der Antarktis) befindet.

Also gut, ich informiere Sie darüber, dass anhand einer wissenschaftlichen "pinguinologischen" Analyse, mit einem gewissen Grad von Gewissheit festgestellt werden konnte, dass Pinguin in einem früheren Leben ein kleiner Hahn gewesen ist. Es ist daher zu erwarten, dass er Verhaltensweisen an den Tag legt, die dazu führen könnten, ihn mit einem Hahn zu verwechseln. Tatsächlich ist es bereits dazu gekommen.

So war es: Als wir einmal unser Lager von einem Platz zum anderen verlegten, machten wir in einem zapatistischen Dorf halt. Pinguin hatte die Reise überstanden, ohne müde zu werden und ohne einen Schlammfleck abzukriegen. Das aber natürlich nur, weil er die ganze Strecke in Erikas Rucksack zugebracht hatte. Nun, nachdem sie in der Gemeinde angekommen waren, nahmen Toñita und Erika ein Stück Stoff, so eins, wie wir sie benutzen, um die Waffen zu säubern, und machten daraus das, was ich als einen "ersten Prototyp" von Pinguins Lätzchen bezeichnen würde. "Es sieht wie eine Schürze aus," sagte ich ihnen, und während Pinguin verblüfft an sich herunterblickte, fügte ich hinzu: "Ihr werdet noch ein paar davon machen müssen, falls sie schmutzig werden". "Genau wie eine Windel," sagte Toñita zu Erika. Inzwischen gewöhnte sich Pinguin an sein Lätzchen, und lief schwankend hin und her.

Ich glaube es ist nur fair, euch zu sagen, dass Pinguins Torkeln entschieden besser geworden ist. Obwohl er weiterhin stolpert, tut er das schon mit weitaus mehr Stil, mit einem diskreten Charme, dem wir alle mit schlecht-verhohlenem Stolz beipflichten.

Schön, also einmal passierte es, dass Pinguin einem der dortigen Hähne über den Weg lief. Und was passierte passierte. Ich glaube, der andere Hahn hatte nicht begriffen, dass Pinguin kein Hahn war, sondern ein Pinguin. Und deshalb forderte er ihn mit viel Kikeriki und all dem heraus. Pinguins Blut muss mit der ganzen Kampfestradition seiner Ahnen gebrodelt haben, und er antwortete, indem er sich dem Möchtegern-Aggressor entgegenstellte.

Pinguins aufrechte Haltung ist für einen Hahnenkampf nicht gerade geeignet, also stürmte der andere Hahn auf ihn los und hackte ihm auf die Brust. Pinguin muss schon darum kämpfen, nur auf den Beinen zu bleiben (manchmal reicht ein Luftzug aus, um ihn umzustoßen), also schickte ihn der Schlag zu Boden, voller Länge ausgestreckt (was nicht viel ist, weil Pinguin winzig ist).

Das Schweigen war so dick, man hätte es anfassen und sich damit vor dem Regen schützen können. Der andere Hahn zog sich zurück, zufrieden mit dem vernichtenden Sieg gegen Pinguin herumstolzierend. Wir waren sprachlos, entgeistert, völlig baff, "ausgefreakt", etceteriert. Und dann machten sich Toñita und Erika auf, um Pinguin zu helfen, erste Hilfe zu leisten und ihn mit Umarmungen und Küssen zu trösten. Und wir anderen machten uns auf, um es diesem impertinenten Hahn heimzuzahlen (mehr noch als Pinguin zu rächen, wollten wir ihn in einen Topf werfen, weil wir lange Zeit nur Bohnen gegessen hatten), als Pinguin ein Brüllen ausstieß (hierüber sind die Meinungen geteilt, einige sagen, es sei ein Karateschrei gewesen, andere sagen, es war ein Pinguinkrächzen, und wieder andere sagen, es war ein "Kikeriki", einige von uns behaupten, ihn klar singen gehört zu haben "Jetzt kann man den Horizont sehen..."), das das Äquivalent von "Haltet alle die Klappe!" war, und alle, einschließlich des Aggressorhahns, waren wie paralysiert.

Mit einer Ninjabewegung sprang Pinguin auf die Beine. Wir waren alle so voller Erstaunen, wie unsere Stiefel voller Schlamm waren. Pinguin war unverletzt. Das Lätzchen (oder die Schürze) aus Stoff, hatte wie eine Rüstung gehalten. Dann griff Pinguin den anderen Hahn an, der überrascht und verängstigt flüchtete, nicht ohne zuerst angemessen behackt zu werden. Wir alle applaudierten Pinguin (wir hoben ihn nicht auf unsere Schultern, weil er sehr klein ist und kaum auf eine Schulter passt), und an diesem Abend, saß er am Kopf unserer Tafel. Und auch wenn er keinen Löffel benutzte, schlang er eine großzügige Portion Reis mit Bohnen herunter, während wir ihm auf den Rücken schlugen, ihm gratulierten und unsere Gläser mit bitterem Pozol auf ihn hoben und auf seine Gesundheit anstießen. Die Nachricht hatte sich wie Wildfeuer durch die Berge des mexikanischen Südostens verbreitet, und ist nun Gesprächsthema in allen Baracken, Camps, Dörfer, Caracoles, Autonomen Bezirken und Räten der Guten Regierung. Und jetzt sagt man mir, dass zu seinem Ehren ein Corrido komponiert wird, und sogar eine Cumbia (Pinguin läuft in der Tat schon so als ob er eine Cumbia tanzen würde). Nun, das ist für dieses Mal alles. Wir werden euch weiterhin auf dem Laufenden halten. Für das Zapatistische Intergalaktische Fernsehsystem: der Sup.

Intergalaktisches PS. - Das habe ich vergessen: Bis zum 31. Juli erreichten uns auf internationaler Ebene Botschaften der Unterstützung, Ermutigung und Hilfe von politischen und sozialen Organisationen, Kollektiven und Personen aus Deutschland, Argentinien, Österreich, Bolivien, Brasilien, Kanada, Kolumbien, Costa Rica, Chile, Kuba, Ecuador, El Salvador, Spanien, den Vereinigten Staaten, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Martinique, dem Baskenland, Schweden und Uruguay.

An alle Teilnehmer der Vorbereitungstreffen
für die "andere Kampagne":



Compañeros und compañeras:

Um euch die Anreise in die Gemeinden zu erleichtern, in denen die Vorbereitungstreffen stattfinden werden, haben wir das Menschenrechtszentrum Fray Bartholomé de Las Casas um Unterstützung gebeten, das bei allen Indígenas von Chiapas als "Frayba" bekannt ist. Diese Brüder und Schwestern von Frayba haben uns hierfür ihre Hilfe zugesagt.

Wenn ihr also - Señor, Señora, Señorita, junge Person, Junge, Mädchen, Delegierter einer Organisation oder Delegierter in eigener Sache - nicht wisst, wie ihr hier ankommen sollt und unsere Anleitungen nicht versteht, seid nicht traurig: wenn ihr in San Cristóbal ankommt, geht zu Frayba, und dort werden sie euch erklären wie ihr hier hergelangt. Ihr können aber auch anrufen oder emailen. Die Anschrift lautet:

Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas
Isabel Martínez Bustos
Calle Brasil #14, Barrio Mexicanos
San Cristóbal de Las Casas, Chiapas, Mexilo.

Telefonnr.: 967-678-3548 / 967-678-7395 / 967-678-7396
Email-Adresse: bricos@frayba.org.mx

Noch etwas anderes - Man hat mich über folgendes informiert, und ich informiere euch darüber: Regen in Hülle und Fülle (auch wenn die Sonne manchmal durchscheint); Schlamm, ein wenig zu viel davon; es gibt keinen Strom, die Lautsprecher funktionieren nicht; die Musikgruppe steckt fest; die Tostadas sind uns ausgegangen; die Bohnen sind von Rüsselkäfer befallen, und Pinguin hat die Grippe. In anderen Worten, alles steht bereit.

Vale. Salud und eine Landkarte, um das Morgen zu erreichen.

aus den Bergen des mexikanischen Südostens
Subcomandante Insurgente Marcos