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Hinweise auf den Ernst der Lage
San Andrés Sacam Ch'en de los Pobres,
Chiapas
23. April 1996
An das Volk von Mexiko
An die Völker und Regierungen der Welt
An die nationale und internationale Presse
Brüder und Schwestern:
Heute möchten wir von der ernsten Lage berichten, die die Präsenz
der Bundesarmee in unseren Regionen und Gemeinschaften verursacht hat.
An erster Stelle ist darauf hinzuweisen, daß diese Militärpräsenz
gegen den Artikel 128 der Verfassung verstößt, denn die Armee
hat illegal Ejidos und Gemeindeland besetzt, um Lager, Kasernen, Landebahnen,
Parkplätze, Schützengräben und Trainingslager zu errichten.
Sie hat auf Anordnung der Bundesregierung und ohne Zustimmung der Ejido-
und Gemeindeversammlungen die Gemeinschaften beraubt und Felder und Wälder
besetzt.
Die Militärpatrouillen, Tiefflüge und Truppenbewegungen stellen
eine konstante Provokation der Zivilbevölkerung dar und verstärken
die Unsicherheit.
Wir wollen heute verschiedene, scheinbar unzusammenhängende Vorfälle
öffentlich machen, die Teil eines Counterinsurgency-Plans sind und
alle Merkmale der Maßnahmen aufweisen, die in Guatemala und in anderen
Ländern durchgeführt wurden, die sich unter der kontinentalen
militärischen Kontrolle der Vereinigten Staaten befinden. Der in
dem Plan vorgesehene Terror und die Kontrolle der Zivilbevölkerung
basiert auf dem Einsatz von Lebensmitteln, Arzneimitteln und allgemeinen
Versorgungselementen als politisch-militärische Waffe.
Der Plan ist keinesfalls neu: die Militärdiktatur
in Guatemala nannte ihn "Gewehre und Bohnen", und er umfaßt
den Einsatz von zivilen paramilitärischen Patrouillen, die sich
aus Personen der Konfliktregionen zusammensetzen, um ein Klima der
permanenten Auseinandersetzung zu schaffen. |
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Die Armee benutzt heute im Urwald, in den Altos und in
der Region Norte des Bundesstaates Chiapas die Waffe der Gesundheitsdienste,
der direkten Spionage, der Versorgung mit Mais und anderen Produkten,
den Zwang zur Zusammenarbeit mit der Armee durch Aushungern der Gemeinden.
Des weiteren Alkoholismus und Prostitution (die als "Service"
der Streitkräfte erstmals die Gemeinschaften erreicht), um das soziale
Netz und die Einheit der Völker und Orte zu zerstören.
Seit gestern kündigt sich ein anderes Element der Kampagne an: mit
dem Argument, daß sie Ausländer seien, wird gegen die internationalen
Compañeros aus den Friedenscamps vorgegangen. Dazu soll die offizielle
ARIC benutzt werden, deren Führer in Hubschraubern befördert
werden, die die Armee für den Transport von Journalisten und Polizisten
zur Verfügung stellt.
In den Altos ist der Beginn der Offensive besonders folgenschwer. Die
Soldaten sind dabei, die wenigen verbliebenen Bäume zu fällen,
so wie es bereits in der Selva geschehen ist, wo seit der Offensive der
Bundestruppen im Jahr 1995 der Waldbestand des heute besetzten und ausgeplünderten
Ejido Guadalupe Tepeyac zerstört worden ist. In den Altos werden
Wasserschläuche zerschnitten und das Wasser von Brunnen ungenießbar
gemacht. Das Wasser wird in die Militärcamps umgeleitet und die Bauern
von der Versorgung abgeschnitten.
Aber das ist noch nicht alles: In den Altos bilden sie Priistische Bauern
in der Kaserne Rancho Nuevo aus. Gleiches geschieht in anderen Regionen.
So zum Beispiel in Maravilla Tenejapa, im Gemeindebezirk Margaritas, wo
PRI-Anhänger und einige Umsiedler militärisch geschult werden,
im Ejido Ibarra (Ocosingo), im Ejido Roberto Barrios (Palenque). In der
Region der Cholen wird auf Armeedeserteure aus der Region zurückgegriffen,
um paramilitärische Gruppen und Sturmtrupps unter Kontrolle von PRI
und. SOCAMA (Lehrer-Bauern-Solidarität) zu bilden.
Diese Vorfälle beweisen, daß, während wir hier Gespräche
führen, die Bundesregierung möglicherweise eine neue Offensive
vorbereitet; dieses Mal unter der Kontrolle der Counterinsurgency-Strategie
der Vereinigten Staaten, um die mexikanische Armee zu zwingen, gegen ihr
eigenes Volk zu kämpfen. Es scheinen schwierige Zeiten für uns
und die Zivilbevölkerung heranzubrechen. Wir wollen mit dieser Mitteilung
lediglich darauf hinweisen, daß diese Maßnahmen und die vergebliche
Kampagne gegen den Drogenhandel auf den Versuch ausgerichtet sind, uns
einzukreisen und zu vernichten.
Die Gerechtigkeit unserer Sache und unser Weg sind mittlerweile solide
genug, als daß wir uns einschüchtern lassen würden. Demokratie
und Gerechtigkeit nähern sich und werden hier erörtert: keine
Gewalttat wird das Herz der würdigen Menschen aus ganz Mexiko begraben
können.
CCRI-CG der EZLN
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