Dieses Gesetz ist nur Verrat!


An die Menschen von Mexico,
an die Völker und Regierungen der Welt,
Brüder und Schwestern:

Die EZLN hat von der konstitutionellen Reform für indigene Rechte und Kultur, die kürzlich vom Bundeskongress bewilligt wurde, erfahren.
Dies ist unsere Position:

Erstens. - Die konstitutionelle Reform, die im Bundeskongress bewilligt wurde, antwortet in keinster Weise auf die Forderungen der indigenen Völker von Mexico, des Nationalen Indigenen Kongresses, der EZLN oder der nationalen und internationalen Zivilgesellschaft.

Zweitens. - Die besagte Reform verrät die Abkommen von San Andrés im allgemeinen, aber auch insbesondere die sogenannte "COCOPA"-Gesetzesinitiative" in den grundsätzlichen Punkten: die Autonomie und freie Selbstbestimmung, die indigenen Völker als Subjekte des öffentlichen Rechts, Regionen und Gebiete, der Gebrauch und Nutzen der natürlichen Resourcen, die Wahl von Gemeindeautoritäten, das Recht auf regionalen Zusammenschluß und anderen.

Drittens. - Die Reform dient nur dazu, die Ausführung der indigenen Rechte zu verhindern und stellt eine ernsthafte Beleidigung für die indigenen Völker, die nationale und internationale Zivilgesellschaft und die öffentliche Meinung dar, da sie die Mobilisierung und die beispiellose Zustimmung, die der indigene Kampf in letzter Zeit erreichte, mißachtet.

Viertens. - Señor Fox begrüßte die gegenwärtige Reform, obwohl er weiß, daß sie jener, die er als seine eigene ausgab, nicht einmal im entferntesten ähnelt. Dies beweist, daß Fox nur vorgab, den COCOPA-Vorschlag zu unterstützen, während er mit den Hardliner-Gruppen im Kongreß eine Reform ausarbeitete, die die indigenen Rechte nicht anerkennt.

Fünftes. - Mit diesen Reformen verschließen die Bundeslegislatoren und die Fox-Regierung die Tür zu Dialog und Frieden, da sie die Beseitigung einer der Ursachen verhindern, die zum zapatistischen Aufstand geführt haben. Sie liefern den verschiedenen bewaffneten Gruppen in Mexico einen Grund weiterzubestehen, indem sie den Prozeß des Dialoges und der Verhandlung entwerten. Sie drücken sich vor der historischen Verpflichung, die Schuld abzuzahlen, die Mexico in fast 200 Jahren souveräner und unabhängiger Existenz mit sich herumschleppt. Und es ist ein Versuch die indigene Bewegung zu spalten, indem sie ein verpflichtendes Bundesgesetz an die Kongresse der Bundesstaaten weitergeben.

Sechstens. - Die EZLN lehnt es in aller Form ab, diese konstitutionelle Reform der indigenen Rechte und Kultur anzuerkennen. Die Reform folgt nicht dem Geist der Abkommen von San Andrés. Sie respektiert nicht die COCOPA-Gesetzesinitiative. Sie ignoriert vollkommen die nationalen und internationalen Forderungen für die Anerkennung der indigenen Rechte und Kultur. Sie sabotiert den beginnenden Prozeß der Annäherung zwischen der Bundesregierung und der EZLN. Sie verrät die Hoffnung auf eine Lösung des Krieges in Chiapas durch Verhandlung. Und sie enthüllt die absolute Entfremdung der politischen Klasse hinsichtlich der politischen Forderungen des Volkes.

Siebtens. - Die EZLN gibt daher folgendes bekannt:

A). - Daß sie den Architekten Fernandez Yáñez Muñoz angewiesen hat, seine Arbeit als Vermittler zwischen der EZLN und der Bundesregierung vollkommen einzustellen. Es wird keine weiteren Kontakte zwischen der Regierung von Fox und der EZLN geben.

B). - Daß die EZLN den Weg des Dialoges mit der Bundesregierung nicht eher wiederaufnehmen wird, bevor nicht die indigenen Rechte und Kultur gemäß des sogenannten COCOPA-Gesetzesvorschlags konstitutionell anerkannt werden.

C). - Daß wir Zapatistas Widerstand und Rebellion fortsetzen werden.

Achtens. - Wir rufen die nationale und internationale Zivilgesellschaft auf, sich zu organisieren, und mit Mobilisierungen in Mexiko und der Welt, zusammen mit der EZLN zu fordern, daß die mexikanische Regierung dieser legislativen Verspottung den Rücken kehrt und die konstitutionelle Anerkennung der indigenen Rechte und Kultur erfüllt.

Neuntens. - Wir rufen insbesondere die Brüder und Schwester des Nationalen Indigenen Kongresses dazu auf, sich zu organisieren und Formen des zivilen Widerstandes im ganzen Land auszuführen.

Demokratie!
Freiheit!
Gerechtigkeit!

aus den Bergen des mexikanischen Südostens
für das CCRI-CG der EZLN
Subcomandante Insurgente Marcos

 

Kommentar von Marcos
an die nationale und internationale Presse


Señoras und Señores,

Das Kommuniqué ist unterwegs. Die "unheilige Dreieinigkeit" (die wie der Name anzeigt also aus vier besteht: Diego, Jackson, Chucho and Bartlett) haben im Senat also mal wieder ihre alte Tricks durchgezogen? Der Krieg in Chiapas kümmert sie nicht? Deshalb haben sie diese Reform aufgestellt. Weil sie auf diese Weise sichergehen, daß der Krieg nicht aufhört, daß die Soldaten ihre schmutzige Arbeit in Chiapas fortführen, daß die Zapatisten weiterhin klandestin und die Indígenas weiterhin Almosen und Verachtung unterworfen bleiben. Jetzt kann man sehen, daß es keine Probleme mit den "Details" gab. Wenn diese Reform irgendeinen Namen verdient, dann den einer "Konstitutionellen Anerkennung der Rechte und Kultur der Großgrundbesitzer und Rassisten." Und wie ist das mit Fox, der diesem legislativen Witz applaudiert? Selbstverständlich, da er ihn ja auch gesponsort hat.

Sie wollen den Marsch der Indigenen Würde in eine Niederlage verwandeln, aber die einzige Niederlage, die sie sicherstellen, ist die ihrer Zukunft, oder haben sie schon vergessen?

Ja, wir wissen bereits, was kommen wird: eine große Mediakampagne über die "zapatistische Unnachgiebigkeit", eine Verstärkung des Militärs und des Polizeidruckes, die Reaktivierung von paramilitären Gruppen, Offensiven, etcetera. Wir haben den Film bereits gesehen, und der Ausgang ist wohlbekannt (- fragt Señor Zedillo!).

Vale. Salud und wißt, daß es für uns noch nicht zu Ende ist.

aus den Bergen des mexikanischen Südostens
Subcomandante Insurgente Marcos