Nach der Transformation wird es keine Landschaft mehr geben 25. Mai 2022 Teil 1 von 3: Layú bee Unsere Großmütter und Großväter waren die ersten, die auf diesem Land gingen, die seine Wege, seine Bäume und seine Pflanzen kannten, die Pfade anlegten und sich zwischen verschiedenen Pueblos (1) begegneten, mal verfeindet, mal gemeinsam bei ihrem Tun im Territorium, mal als Geschwister oder Familie; von ihnen haben wir gelernt, dass das, was es hier gibt, nicht nur Natur ist und dass Layú bee voll von anderen Wesen ist, denen man von Zeit zu Zeit auf den Wegen, in den Maisfeldern, in den Höhlen, im Wasser oder im Meer begegnet, wo sie ihre Stimme hörbar machen, und so haben wir gelernt, zuzuhören und dass man sie kennenlernt, indem man sie zu Fuß durchquert, auf diese Weise entdeckt man die so enge Form, in der wir verbunden sind, auch wenn sich unsere Pueblos unterscheiden, denn was an einem Ort geschieht, wird unweigerlich auch andere betreffen. Layú bee (schmales Land) – so wird diese als Isthmus von Tehuantepec bekannte Region in Diidxazá genannt. Sie liegt am östlichen Ende des Bundesstaates Oaxaca und südlich des Bundesstaates Veracruz und umfasst im Osten Teile von Chiapas und Tabasco. Layú bee ist, wie es der Name sagt, die schmalste Stelle zwischen dem Golf von Mexiko und dem Pazifik, die hier durch eine nur 300 Kilometer breite Landenge voneinander getrennt sind. In Layú bee ist die natürliche Vielfalt immens, in ihren Wäldern und Dschungeln gibt es zehn verschiedene Ökosysteme, in denen zehn Prozent der gesamten Biodiversität des Planeten vertreten sind. Ihre bewaldeten Massive regulieren die Vielfalt der vorhandenen Klimata. Hier kommen Millionen von Pflanzen und Tieren zusammen. Es ist die Verbindung der nördlichen und südlichen Hemisphäre mit der Flora und Fauna der trockenen Tropen des Pazifik und der feuchten Tropen des Atlantik. Im nördlichen Teil von Layú bee, in der Sierra de Santa Marta oder dem Tuxtla-Gebirge, gibt
es 940 Pflanzenarten, 80 Farne, mehr als 1200 Insektenarten, 122 Reptilien- und
Amphibienarten, mehr als 440 Vogelarten und 115 Säugetierarten – und das sind nur die
Arten, die bislang entdeckt wurden. In diesem Gebiet fließt der Fluss Papaloapan, dessen
Flussnetz in die Flüsse Coatzacoalcos, Uxpanapa und einen Teil des Grijalva-Usumacita-Systems mündet. Dabei entstehen Flussmündungen, Mäander, Mangroven, Sümpfe und
Moore, die von den Pueblos der Tannundajïïyi und Nahua geschützt werden. Aber wir wissen – und das ist eine Tatsache –, dass Layú bee keine unberührte und
paradiesische Region ist. Wir haben bereits die großen Verteidiger des Messias gehört und
gelesen, die schreiben und schwafeln: "Wo seht ihr all diese Vegetation?" "Ihr seid doch
solche Umweltschützer*innen, die von der Mafia der Macht bezahlt werden." "Wo wart ihr,
als Obrador in der PRI war?" (ah nein, letzteres nicht) – und ein endloses Etcetera. Deshalb
antworten wir mit den Worten unserer zapatistischen Schwestern und Brüder: "Es gibt keine
Diskussion mehr." Wir wissen, dass dieses Territorium eine Landschaft ist, die infolge der
verschiedenen Vorhaben für "Fortschritt und Entwicklung" der Finqueros (2) der
Vergangenheit im Sterben liegt. All das wissen wir und haben es schon immer angeprangert und uns dagegen gewehrt, ebenso
wie gegen die Finqueros, die für die Umsetzung dieser Strategie von "Fortschritt und
Entwicklung" verantwortlich sind, die heute in ganz Layú bee ihre Folgen zeigt. Deshalb
treten wir heute angesichts des neuen Finqueros, der demselben Vorarbeiter (3) unterstellt ist
wie seine Vorgänger, auch weiter in Erscheinung und benennen diese biologische Vielfalt, die
unser Territorium ausmacht und erneut in Gefahr ist. In Layú bee haben wir tiefe historische Wurzeln, wir sind die Mokaya (Menschen aus Mais), die vor 3600 Jahren hier lebten, und heute sind wir die Angpøn (Zoques), Ayuujk (Mixes) und Tannundajïïyi (Popolucas). Wir Binizaá (Zapotecas), Ikoots Huaves), Slijuala Xanuc’ (Chontales), O’ de püt (Zoques aus Chiapas) und Yokot’an (Chontales aus Tabasco) haben hier Wurzeln geschlagen und Geschichte gelebt. Das afroamerikanische Pueblo ist hier präsent und es begleiten uns auch unsere Geschwister Tsa ju jmí’ (Chinantecos), Ha shuta enim (Mazatecos), Ñuu dau (Mixtecos) und Bats’i k’ op (Tsotsiles). Pueblos, die von den Finqueros der Vergangenheit von ihrem Territorium vertrieben wurden, die von ihrem Land weggeholt wurden, um als Arbeitskräfte eingesetzt zu werden, und die ihr Land den Vorarbeitern überließen, die sich uns heute als Freunde vorstellen. Die ersten Schritte und die ersten Stimmen, die in diesem Territorium unterwegs waren, gehen weiter, sie sind vertreten in den Pluriversen, an die wir uns heute erinnern, die wir in unseren Erzählungen bewahren, die uns unsere Vorfahren hinterlassen haben. Wir sind die Pueblos, die wissen, dass unsere Existenz eine "Verflechtung mehrerer Körper" ist, Körper, die es verstanden haben, diese immense biologische Vielfalt zu erhalten und zu schützen, die inmitten der Klima- und Umweltkrise noch immer unser Land repräsentiert. Wir sind die Alternativen und wir sind am Leben. Auch heute müssen Layú bee und wir, die wir ein organischer Teil von ihr sind, wieder
wachsam sein, denn der neue Finquero, der auf dem Präsidentenstuhl sitzt, will unser
Territorium zerstückeln, um es den Vorarbeitern zu übergeben, die er in Wirklichkeit vertritt. Aus der Region des Isthmus von Tehuantepec, Asamblea de Pueblos Indígenas del Istmo en Defensa de la Tierra y el Territorio – APIIDTT Klarstellung: Anm. d. Übers.:
Teil 2 von 3: Der Wettlauf um den Isthmus von Tehuantepec
Jenseits der Versprechungen von Entwicklung und Fortschritt, Unternehmertum und kooperativen Partnerschaften mit mächtigen weißen Männern wie Larrea und Hank sind das der nachhaltige Extraktivismus und die freundliche Enteignung, wie sie der Vorarbeiter Morgen für Morgen im Fernsehen für das ganze Land verkündet. Um etwas besser zu verstehen, was für ein Monster da eigentlich auf uns zukommt, sollten wir uns die Worte von Woodrow Wilson in Erinnerung rufen, die Galeano 1970 zitierte: "Ein Land wird von dem Kapital besessen und beherrscht, das in ihm investiert wurde." Die Handelsrouten rund um den Globus sind eine Konstante in der langen Geschichte der kapitalistischen Akkumulation und zeugen von Wilsons Prämisse. Schon ein Blick über unseren Tellerrand zeigt, wie sich Panama zu einer Republik entwickelt,
die durch die Expansion des US-amerikanischen Imperialismus katapultiert wurde. Und
blicken wir noch etwas weiter, dann sehen wir das Verschwinden der ägyptischen Fellache
(bäuerlichen Gemeinschaften) mit dem Bau des Suezkanals, mit dem Ägypten seinen Kopf in
die Schlinge des europäischen Kapitals steckte. Jetzt sehen wir die Ukraine als Schauplatz
von Auseinandersetzungen zwischen dem US-amerikanischen, russischen und chinesischen
Imperialismus, die in ihrem Streben nach Vorherrschaft über alles und alle hinweg Territorien,
die ihnen nicht gehören, zerstören und für ihre Zwecke gestalten. Jede geopolitische
Expansion geht mit einer enormen militärischen Präsenz einher, die zu einem notwendigen
Faktor für die wirtschaftliche und politische Kontrolle des Kapitals in dem bestimmten
Territorium wird. So sehen wir es auch hier und so sehen es auch unsere Schwestern und Auch in unseren Territorien ist diese Dringlichkeit und diese geopolitische Neuordnung zu
beobachten, wie sie auf internationaler Ebene in diesem Moment auf dem Schachbrett namens
Ukraine ausgetragen wird, das zuvor Panama, Suez, Malakka, Irak, Hormus usw. hieß. Und
wir wissen, dass an dieser Stelle die Klassiker kommen: "Welche Neuordnung? Welche Fahren wir fort. Erstens hat Ken Salazar, der Sondergesandte der Finqueros des Landes im Norden, in den letzten Monaten angekündigt, dass die Vereinigten Staaten (USA) 250 Millionen USD in die strategischen Bundesstaaten investieren werden, die den Interozeanischen Korridor und den Maya-Zug (Tren Maya) umfassen, und zwar über die US-Agentur für Internationale Entwicklung (USAID) – ja, genau jene USAID, die die NGO Mexicanos contra la Corrupción y la Impunidad ("Mexikaner gegen Korruption und Straflosigkeit") finanziert, von der schon so oft behauptet wurde, sie zöge die Fäden der "Opposition". Zweitens fanden vom 7. bis 21. Mai zum ersten Mal auf mexikanischem Territorium – Überraschung: im Süden/Südosten – die militärischen Übungen "Tradewinds 2022" statt, ausgeführt und unter der Schirmherrschaft des Südlichen Kommandos der USA – jenem Kommando, das für die Verankerung der Monroe-Doktrin auf dem gesamten Kontinent verantwortlich ist. An den Tradewinds-Übungen waren 1.500 Militärs aus 23 Ländern beteiligt. Ziel ist es, die Reaktionsfähigkeit in der Region zu stärken und neue operative Standardverfahren zu entwickeln, und es wird auch die Bekämpfung von Protesten oder städtischen Unruhen und die Abwehr von Molotowcocktails trainiert. Drittens wurden in den vergangenen Monaten insgesamt 4.362 Militärangehörige für die
Sicherheit des Interozeanischen Korridors des Isthmus von Tehuantepec entsandt und
mobilisiert. Diese erste Mobilisierung erfolgte, nachdem das Sekretariat der Marine
(SEMAR) verkündet hatte, die Unsicherheit und die Verzögerungen beim Megaprojekt seien
auf die Anwesenheit von Gruppen des organisierten Verbrechens und antagonistischen
Gruppen – organisierte indigene Gemeinschaften – zurückzuführen, denn natürlich werden,
wenn es um die "nationale Sicherheit" geht, indigene Pueblos und Narco-Gruppen Und zum Schluss noch das i-Tüpfelchen: Wieder einmal verkündete der Herr der wichtigen
Nachrichten – nicht der Morgennachrichten, sondern der Nachrichten, die von außerhalb
kommen, der Nachrichten, die für die Finqueros wirklich von Bedeutung sind, nämlich Ken
Salazar – vor etwas mehr als zehn Tagen, die Lösung des Migrationsproblems – einer Folge Von "Die Sección 22 der Lehrer*innengewerkschaft ist das schlimmste soziale Übel in Oaxaca" zu "Operativos Agave Azul": Jetzt sind wir alle soziale Kämpfer*innen Die repräsentative Demokratie ist auf die Straßen und in die Gemeinden zurückgekehrt, mit
all ihrem Müll und ihrem Wahlzirkus. Was wäre die repräsentative Demokratie ohne die
Clowns, die diese Saison zum Zirkus machen? Da sind zuerst die Pausenclowns, die uns
glauben machen, dass es einen harten und mühsamen Wettbewerb um unser Wohlergehen Ohne jeden Unterschied ist klar, dass der Kandidat, der im Bundesstaat Oaxaca das Amt des Gouverneurs gewinnt, die Politik der Enteignung/Transformation verfolgt, die die privaten Interessen der mexikanischen und internationalen Unternehmen und das organisierte Verbrechen privilegiert. Es ist auch klar, dass derjenige gewinnen wird, der in diesem Rennen um die Macht die besten
Verbündeten hat, und es wird bereits gemunkelt, wer dieser Kandidat ist. Heute sieht es so
aus, dass das Dekret, das dem Neoliberalismus ein Ende setzte, auch dem historischen
Gedächtnis des Kampfes der Bevölkerung von Oaxaca ein Ende gesetzt hat. Deshalb
präsentieren sich die Kriminellen von gestern heute als die Auserwählten und als soziale
Kämpfer*innen und behaupten, schon immer an der Seite der Bevölkerung gestanden zu
haben. Und dann gibt es noch die Jongleur*innen. Nino – so wird er genannt – Anführer der aus
Morena hervorgegangenen Gemeindepräsidenten im Isthmus von Tehuantepec und seit
mindestens sechs Jahren der wichtigste Finanzdienstleister von Salomón Jara Cruz: Gegen
Antonino Morales Toledo wurde vom Amt für Finanzkontrolle im Rahmen einer
internationalen Untersuchung namens "Agave Azul" ermittelt, die ein riesiges illegales
Geldwäschenetz aufdeckte. Als Landesvorsitzender der Organisation FUCO gründete
Antonino nach den Ermittlungen wegen seiner Verbindungen zum organisierten Verbrechen
durch die Operation "Agave Azul" die Fundación Antonino Morales Toledo A.C., die heute
im Wahlkampf von Salomón Jara als Kandidat für das Gouverneursamt von Oaxaca eine
wichtige Rolle spielt. Irrelevant ist es auch, dass im Land mehr als 100.000 Menschen verschwunden sind – mehr als in den Diktaturen wie auf dem Cono Sur (Argentinien, Chile, Paraguay, Uruguay). Nichts davon zählt, denn seit Beginn der vierten Transformation sind die Einzigen, die angegriffen, kriminalisiert, verfolgt, herausgegriffen und bedroht werden, diese neuen sozialen Kämpfer*innen. Alle anderen Daten sind Legenden des neoliberalen Modells, und die einzige Geschichte, die zählt, ist der Zirkus, der Streit zwischen Clowns, die sich in der einen oder anderen politischen Partei zusammengefunden haben. Der Rest ist nur eine Erfindung der nicht-sozialen Kämpfer*innen. Die Verteilung von Layú Nabe Die ersten, die zu dieser Umstrukturierung kamen, sind jene, die sich der Modernisierung der Eisenbahnstrecke von Salina Cruz nach Coatzacoalcos widmen: Grupo Azvi aus Spanien, einem historischen Verbündeten der Familie Salinas de Gortari; Grupo Industrial Hermes, Eigentum von Carlos Hank Rhon, einem strategischen Verbündeten von Oderbrecht; COPASA aus Spanien; Concorcio FERROMAZ, dessen Hauptpartner Grupo México im Besitz von German Larrea ist; Grupo SACMAG, dessen Hauptkunden Industria Peñoles, Nestlé und FEMSA sind; COMSA Corporación aus Spanien und Construcción y Maquinaria SEF, dessen Hauptkunde Grupo México ist. Aber wir wissen es und haben sie schon sagen hören: "Sie werden die Gleise nur modernisieren und dann wieder weggehen, denn diese Gleise sind für die Nutzung der Menschen bestimmt, die hier leben", natürlich, denn German Larrea ist ein ehrlicher Mensch. Auf der Zielgeraden dieses Wettlaufs trafen sich am vergangenen 22. April dieses Jahres in San Juan de Ulua, Veracruz, der Vorarbeiter aus dem Palast mit dem Sondergesandten aus dem Land im Norden, Ken Salazar, als Gesprächspartner für die Finqueros, die an der Verteilung der Region Isthmus von Tehuantepec beteiligt sein wollen. An dem Treffen nahmen 22 transnationale Unternehmen teil, die daran interessiert sind, den Isthmus zu ihrer Transitroute zu machen. Da waren: der Ausbeutung von Arbeitskräften und der Ablehnung von gewerkschaftlicher Organisierung Beschuldigte wie Accenture Ltd. und General Motors; an der Windenergieproduktion Interessierte wie Applied Energy Services (AES Corporation) und EDP Renewables; die Magnaten der Agrar-, Bio- und Pharmaindustrie, CARGILL; außerdem die an der Wassergewinnung Interessierten Constellation Brands; die Automobilindustrie mit Daimler Truck North America LLC und Navistar (Volkswagen Group) – neben dem bereits erwähnten Unternehmen. Da waren außerdem Interessenten aus den Bereichen Gastransport und -förderung und der chemischen Industrie wie Pacific Limited, Sempra Infrastructure & TC Energy sowie Kansas City Southern, AECOM, INDEX, AT&T, INVENERGY, CUMMINS, FEDEX, Progress Rail, Rassini, UPS &VISTEON. "Wenn über das neoliberale Modell gesprochen wird, bin ich zu dem Standpunkt gelangt, dass
es gar nicht so schlecht wäre, wenn das neoliberale Modell ohne Korruption angewendet
würde. Es handelt sich um das Wirtschaftsmodell, dass der Perfektion vielleicht am nächsten
kommt", war der Vorarbeiter in der Morgenshow zu hören. Drei Jahre, nachdem das Fakt ist: Sie alle kommen, um ein Stück Layú Nabe zu erhaschen, das wissen wir, aber auch wenn sie es sich noch so sehr wünschen: DER ISTHMUS IST UNSER. Aus Layú Nabe, Asamblea de Pueblos Indígenas del Istmo en Defensa de la Tierra y el Territorio – APIIDTT
15. Juni 2022 Teil 3: Guidxi Rucaalú "Das Subjekt historischer Erkenntnis ist die kämpfende, unterdrückte Klasse selbst«, besagt die XII. These des Essays "Über den Begriff der Geschichte« von Walter Benjamin. Ja sicherlich, was wäre diese in die geopolitischen Interessen der Finqueros eingefügte Region ohne jene Frauen und Männer, die nicht erwartet haben, dass unsere Generation ihnen danken würde für ihre Aktionen – sondern dass sie im Gedächtnis die Erinnerung zurückließen: Sie, Frauen und Männer, wurden niedergeworfen, verfolgt und bedroht, weil sie Layú Nabee verteidigt haben. In der Sierra Santa Marta hält sich die Erinnerung an die Rebellion von Acayucan (1906). Ein
Aufstand, in dem sich Nahuas zusammen mit den Frauen und Männern des Pueblo Tannundajïïyi
(Popolucas) einer territorialen Neuordnung entgegenstellten, die Spekulation und Raub von mehr
als 80 Hektar Land für den Bau von Eisenbahnstrecken innerhalb ihres Gebietes mit sich brachte. In Juchitán wird erzählend immer noch jener Bewegung gedacht, die für die Wiedererlangung kommunaler Ländereien kämpfte, die in Händen von Großgrundbesitzern waren. Im Gedächtnis bewahrt wird die bleibende Zurückgewinnung der Salzwerke und der historische Kampf um die Ernennung [eigener] Agrar-Verantwortlicher – der durch die hartnäckige Mobilisierung der Bevölkerung zur Übernahme der politischen Macht auf Landkreisebene führte. Darin zeigte sich vor allem der Wille der Leute, ihre Gemeinschaft selbst zu regieren. Wie könnten diese 70er Jahre [des 20. Jahrhunderts] vergessen werden, die das Leben der Männer und Frauen des Pueblo Binnizá geprägt haben und heutzutage von Generation zu Generation als Wissen weitergegeben werden. Hier erneut eine Geschichte, die die Macht versucht zu negieren: Wir können das Treffen in der Gemeinde Matías Romero nicht vergessen – ein Treffen von mehr als 30 Gemeinschaften, Ejido-Ländereien und Pueblos aus Oaxaca, hauptsächlich vom Isthmus: Ayuujk (Mixe), Tannundajïïyi, Binnizá, Ikoots und Angpon (Zoque). Dort versammelten sich jene Subjekte, die Teile der Geschichte – unserer Geschichte – bilden. Sie trafen sich, um das damalige Projekt "Integrales Programm zur ökonomischen Entwicklung des Isthmus von Tehuantepec« der Regierung Zedillo zu analysieren, und um nach Formen und Weisen zu suchen, es zu bekämpfen – ein Projekt, welches heute unter neuem Namen und neuem Vorarbeiter wiederaufgelegt wird. Seit jenem Jahr 1997 haben die in Matías Romero sich vereinigenden Pueblos erklärt: "Der Isthmus ist unser« – und gehört weder Regierungen noch Unternehmen. Vielleicht ist die Geschichtsvergessenheit eine Qualität des neuen Capataz, des Vorarbeiters und
seiner Gefolgschaft. Was wären jedoch wir, Frauen und Männer, ohne dieses Gedächtnis, welches
uns erinnern soll, dass wir Pueblos mit Geschichte sind? Was wäre unsere Gegenwart ohne jenen
geführten Kampf unserer Schwestern und Brüder der Pueblos Ikoots und Binnizá? 2012 war das
Jahr, in dem unsere Pueblos gegen das kämpften, was der damals größte Windkraftanlagen-Park Dies ist nicht die ganze Geschichte derer, die eine Spur hinterließen für das historischen Wissen von
Layú Nabee. Es sind lediglich Fragmente unterschiedlicher Erinnerung und Gedenken, die wir als
Frauen, Männer und AnderE von Generation zu Generation bewahrt haben. Die Vergangenheit zu
der unseren zu machen, bedeutet nicht, zu wissen, wie es eigentlich gewesen ist. Sie zu der unseren
zu machen, "heißt, sich einer Erinnerung bemächtigen, wie sie im Augenblick einer Gefahr Heute kleidet sich die Gefahr als Links – und von ihrem Podium herab überzeugt sie ihre Anhänger*innen, wir indigenen Pueblos seien unter den vergangenen Regimen keine Subjekte der Geschichte gewesen. Heute hat der Vorabeiter seinen Anhänger*innen glauben gemacht, unsere Geschichte als Pueblos beginne mit ihm. Er hat ausradieren wollen, dass wir als indigene Pueblos die ersten gewesen sind, die sich der Beraubung entgegenstellten. Der Vorarbeiter hat seine Getreuen überzeugt, die Verteidigung der Ländereien beginne mit ihm an der Spitze und würde von seinen Klientel-Institutionen garantiert. Heute droht dem Bestand und Verlauf der Erinnerung, wie auch deren Empfänger*innen, Gefahr. Dies hat bei vielen dazu geführt, sich dem Vorarbeiter als nachplapperndes Werkzeug anzudienen. Heute, mehr als zuvor, ist es wichtig, den Händen des Konformismus die Erinnerung zu entreißen, denn die Erinnerung wird Morgen für Morgen von einem Podium herab unterjocht. Der Vorarbeiter kommt jedoch nicht nur als Retter und Messias daher, er hat vor, als Sieger zu enden. Die Vergangenheit zu der unseren zu machen, ist ein Funke der Hoffnung, den einzig wir Pueblos zu nutzen wissen. Denn wenn der Vorabeiter siegt, werden auch unsere Toten nicht vor ihm sicher sein. Der Funke der Hoffnung, den unsere Erinnerung uns bringt, zeigt sich heute erneut, denn das Bewusstsein, das Kontinuum jeder Epoche aufzusprengen, ist den Pueblos im Augenblick ihrer Aktion zu eigen. Hat der Vorarbeiter etwa gedacht, während seiner Regentschaft würde das Stillschweigen der Unterdrückten herrschen? Zweifellos ist Gewalt die Waffe seiner Antwort auf jene kollektiven Forderungen, die er versprochen hatte zu lösen und die er nun vergessen hat. Wir Pueblos, die wir in der Vergangenheit gekämpft haben, sind dieselben, die wir die Kämpfe für die Gegenwart und Zukunft aufrechterhalten. So widerstehen wir, widerstanden wir und werden weiterhin mit Entschiedenheit widerstehen, ohne dass der Austausch eines Vorarbeiters von Bedeutung wäre. Denn wir wissen, dass die Parteien das Unrecht, was wir historisch erleiden mussten, nicht auflösen werden. Ohne Furcht uns zu irren, sagen wir: Es gab weder das Ende einer politischen Ära noch der Beginn einer neuen Ära, sondern die Weiterfortführung eines plündernden Kapitalismus. Heute handelt, spricht und denkt der Funke der Hoffnung in Ayuujk. Mit der Machete in der Hand warf er mehr als dreißig mal das Unternehmen La Peninsular der Grupo Hermes hinaus. Dieses besitzt den Zuschlag für die "Modernisierung« einer 50 km langen Bahntrasse der FIT [Eisenbahngesellschaft des Isthmus von Tehuantepec] – welche das Gebiet derjenigen durchquert, die in der nördlichen Zone von Layú Nabee leben. Der gleiche Funke [der Hoffnung] zeigt sich im Süden, wo Frauen des Pueblo Binnizá mit ihrer Aktion und Reflexion in Diidxazá ihr Gebiet verteidigen – im Namen des Totopo, der Mais-Pflanze und des Windes – gegen einen Cluster der Agro-, Textil- und Metallindustrie von mehr als 400 Hektar Ausdehnung, der auf ihrem Berge Pitayal errichtet werden soll. Um das Kontinuum dieser Epoche jedoch aufsprengen zu können, brauchen wir die Solidarität aller,
die wir dieses Gebiet bewohnen und derjenigen, die von anderen Geographien aus unser Geflüster
hören. Denn obzwar wir geographisch verstreut leben, trifft – in einer durch Kapitalismus, Staat und
Patriarchat verketteten Welt – all das, was ein geostrategisches Gebiet angeht, auch andere
Regionen der Erdkugel. In diesem "IV. Transformation« genannten Zug, mit seinen Waggons mit Namen "Interozeanischer
Industrie-Korridor des Isthmus von Tehuantepec« und "Tren Maya« liegt der Moment, uns zu
treffen. Nicht um in diesem Zug die Notbremse zu ziehen, sondern um die Bedingungen zu
schaffen, seine Haltestationen niederzureißen. Und in diesem Sinne werden die indigenen Pueblos –
zusammen mit der Solidarität unserer Geschwister der vielen Welten, die in diese Welt passen – die Deshalb RUFEN WIR die Naciones, Tribus, Pueblos, Comunidades und indigene, soziale Basis-Organisationen und Kollektive – und die Kollektive der Freien Medien oder wie auch immer sie
heißen mögen – und alle, die kämpfen und Widerstand leisten in Oaxaca, Mexiko und der Welt –
DAZU AUF, zusammenzuarbeiten, zu unterstützen und teilzunehmen an der Karawane und dem
internationalen Treffen "Der SÜDEN WIDERSTEHT«. Diese werden im Frühjahr 2023 in den von Dazu werden wir Vorbereitungs-, Organisierungs- und Verknüpfungstreffen in verschiedenen Gebieten Mexikos und der Welt durchführen und dazu einladen. Somit laden wir ein, aufmerksam zu sein – für die nächsten Aufrufe, Einflüsterungen und die unter allen zu machenden Schritte. Zweifellos gibt es mehr Adern, die uns verbinden, als Risse, die uns trennen. Aus Layú Nabee kommend – ist dies unser Wort. Asamblea de los Pueblos Indígenas del Istmo en Defensa de la Tierra y el Territorio – APIIDTT
Teil 1 und 2 wurden von Katja übersetzt; Teil 3 von lisa-colectivo malíntzin. |