Der mexikanische Staat erhöht die Militarisierung in zapatistischen Territorien

3. Mai 2019

Nach fünf Monaten unter der Regierung von Andrés Manuel López Obrador intensiviert sich die Aufstandsbekämpfungsstrategie gegen die Originalvölker der zapatistischen Unterstützungsbasis.

Fünf Jahre nach der ungestraften außergerichtlichen Hinrichtung von José Luis Solís López (1) während eines Angriffs auf das autonome zapatistische Projekt in der Gemeinde La Realidad, bekräftigt der mexikanische Staat seinen Einsatz für den Krieg in einer Region, wo die Pueblos Originarios ihr Leben in Würde aufbauen.

Seit Dezember 2018 intensivierte der mexikanische Staat die Militarisierung von Territorien der Unterstützungsbasen der EZLN, dies ganz besonders in der Region des Lakandonischen Urwalds (2). Dies stellt eine Fortsetzung der Aufstandsbekämpfungsstrategie dar, mit der die Autonomie-Projekte in Chiapas, Mexiko, erheblichen Schaden nehmen sollen.

Mit Hilfe der Dokumentation, welche die zivilen Beobachtungsbrigaden (BriCO) vornehmen, registrierte das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas (Frayba), dass sich seit Ende 2018 die Zahl der Streifzüge des mexikanischen Militärs zum Sitz des Rats der guten Regierung mit dem Namen In Richtung Hoffnung im Caracol von La Realidad (offizieller Bezirk Las Margaritas) verdoppelt haben. Die BriCOs beobachteten zwischen Januar und April 2019 19 Bodenpatrouillen (mit mit Maschinenpistolen bewaffneten Soldaten) und 5 Helikopterüberflüge. Besorgniserregend ist die Normalisierung der Überflüge über Gemeinden und die Erhöhung der Militärbewegungen im letzten Monat. (3)

Die Militärstreifzüge stellen Einschüchterungs- und Schikanierungsakte gegen die widerständigen zapatistischen Pueblos Originarios dar und bedeuten eine Verletzung ihrer Rechte auf Autonomie. Zugleich verkörpern sie Gefahr für das Leben, die Unversehrtheit und die Sicherheit der gesamten Bevölkerung: "Es wurde beobachtet, dass die Militärfahrzeuge oftmals mit hoher Geschwindigkeit durch die Gemeinden fahren, ohne sich um Personen, Kinder und Tiere auf dem Weg zu sorgen."

Zusätzlich registrierte Frayba dieses Jahr 2 Spionageakte gegen die BriCOs in ihrem internationalen Beobachtungscamp, welches sich in La Realidad befindet. Diese Aktion verletzt die Unversehrtheit und die persönliche Sicherheit derjenigen, die Beobachtungen von Menschenrechtsverletzungen in dieser Region durchführen und deren Arbeit sich auf die Erklärung der Vereinen Nationen über das Recht und die Verpflichtung von Einzelpersonen, Gruppen und Organen der Gesellschaft, die allgemein anerkannten Menschenrechte und Grundfreiheiten zu fördern und zu schützen, stützt.

Frayba belegt mit den gesammelten Daten der BriCOs die Anklage, welche die EZLN in ihrem Kommuniqué vom vergangenen 10. April veröffentlichte: "In unseren Bergen und Tälern hat sich die Präsenz von Militär, Polizei, Paramilitär sowie Spionen, "Ohren" und Informanten erhöht. Die militärischen Flugzeug- und Helikopterüberflüge sind wieder aufgetaucht, genauso wie Technical-Fahrzeuge (4). [Technicals sind zum Kampfeinsatz umgebaute ungepanzerte Wägen, auf denen einfache Waffen montiert sind. Meist handelt es sich um ein einfach modifiziertes Geländefahrzeug mit Allradantrieb und einer Ladefläche, Pickup genannt, auf der die jeweilige Bewaffnung ihren Platz findet. Sie finden meist im Kontext der asymmetrischen Kriegführung, z.B. dem Krieg niederer Intensität Verwendung. - Anm.d.Ão.]

Die Militarisierung, die mit der Bundesregierung unter Andrés Manuel López Obrador und der Landesregierung von Chiapas unter Rutilio Escandón Cadenas fortbesteht, greift das Leben der Gemeinden der Pueblos Originarios, an, welche in Chiapas ihr Recht auf Autonomie, Selbstbestimmung und Territorium verteidigen.

Es sei daran erinnert, dass am 2. Mai 2014, währen derselben Aktion, in der José Luis Solís López außergerichtlich hingerichtet wurde, (5) Angehörige der Organisation CIOAC-H die autonome Schule und Klinik zerstört haben. Zudem drohten sie damit, das Caracol namens Mutter der Meeresschnecken unserer Träume niederzureißen. Die Tat nutzte das Verteidigungsministerium als Vorwand zur Intensivierung der Militarisierung. Frayba wies darauf hin, dass es sich hierbei um einen Akt der Einschüchterung handelt (6), anstatt darum Gerechtigkeit herzustellen und Mittel zur zivilen und friedlichen Konfliktlösung zu finden.

Daher rufen wir zu nationaler und internationaler Solidarität auf, um – angesichts einer neuen Militäroffensive auf zapatistisches Gebiet – den Weg des Friedens und die Achtung der Menschenrechte zu stärken.

Menschenrechtszentrum FrayBa

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(1) Auf rechtlicher Ebene wurden die Täter des besagten Verbrechens nach einem Jahr in Haft freigelassen, so dass der Mord – 5 Jahre später – noch immer ungestraft bleibt. (Frayba-Bericht: https://frayba.org.mx/wp-content/uploads/2015/05/150513_inf_realidad.pdf)

(2) Anhang 1: Militärpräsenz in La Realidad, April 2018 – April 2019. Dokumentation und Datei von Frayba.

(3) Anhang 2: Militärstreifzüge durch La Realidad, April 2018 – April 2019. Dokumentation und Datei von Frayba.

(4) Nachricht der EZLN zum 100. Jahrestags der Ermordung von General Emiliano Zapata, 10. April 2019: http://enlacezapatista.ezln.org.mx/2019/04/10/comunicado-del-ejercito-zapatista-de-liberacion-nacional-2/

(5) Auf rechtlicher Ebene wurden die Täter des besagten Verbrechens nach einem Jahr in Haft freigelassen, so dass der Mord – 5 Jahre später – noch immer ungestraft bleibt. (Frayba-Bericht: https://frayba.org.mx/wp-content/uploads/2015/05/150513_inf_realidad.pdf)

(6) Das mexikanische Militär belästigt den Rat der guten Regierung von La Realidad, 10. März 2015.