Gegen die Narcoparamilitärs in Guerrero
Für die Würde und das Leben!


Gemeinschaftliches Territorium, Guerrero, 12. Juli 2019

An das Ejercito Zapatista de Liberación Nacional
An den Congreso Nacional Indígena
An den Concejo Indígena de Gobierno
An die Menschen und Gemeinschaften von Guerreo sowie von ganz Mexiko
An die Sechste Nationale und Internationale
An die Unterstützungsnetzwerke des CIG


Wir, die Männer, Frauen, Kinder, Großeltern, die Teil des Indigenen und Popularen Rates von Guerrero - Emiliano Zapata (CIPOG-EZ) sind, müssen erneut unsere Stimme erheben, um die Untätigkeit der örtlichen, nationalen und föderalen Ebene angesichts der humanitären Notlage, die sich im kommunitär verwalteten Territorium von "Montaña Baja" im mexikanischen Bundesstaat Guerrero immer weiter verschärft. Die narco-paramiliärischen Gruppen hören nicht auf, die PromotorInnen des CIPOG-EZ und Delegierte des CNI zu ermorden; außerdem haben sie Drohkampagnen gegen unsere Organisation initiiert, mit dem Ziel, die organisierten indigenen pueblos [Anmk.: wörtlich "Volk" oder "Dorf", Selbstzuschreibung] auseinander zu reißen und zu eliminieren.

Nach Augenzeugenberichten von Nachbarn wurden am 8. Juli 2019 David Domingo Alonso und Marcelino Pedro Rojas aus der Nahua-Gemeinschaft von Ayahualtempa – beide führende Mitglieder des CIPOG-EZ und Delegierte des CNI in Guerrero – an der Wegkreuzung von Jagüey von Angehörigen der narco-paramilitärischen Gruppe "Los Ardillos" entführt. Die beiden wurden am Tag danach in der Ortschaft Chautla emordet aufgefunden, welche sich kurz vor der Stadt Chilapa befindet, einige Kilometer entfernt von der Bundesstraße, die von Chilpancingo nach Thapa führt. Es ist allgemein bekannt, dass diese Gegend sich unter der Kontrolle dieser Gruppe befindet.

Am 10. Juli 2019 wurden die Nahua-Indígenas Juana Hernández Ambrosio und Alberta Matías Tendón, beide ebenfalls führende Mitglieder der CIPOG-EZ und Delegierte des CNI in Guerrero, auf feige Art und Weise ermordet, wobei der Modus Operandi der gleiche war. Sie wurden an der Wegkreuzung von Jagüey entführt, wobei sie sogar gezwungen wurden, aus öffentlichen Verkehrsmitteln auszusteigen, und gegen 17 Uhr des gleichen Tages wurden ihre Leichen in einem Straßengraben in der Siedlung Corral de Piedra aufgefunden, die in der Gemeinde Chilapa de Álvarez liegt. In dieser Zone ist die Nationalgarde präsent, obwohl es auch nach deren Ankunft in der Region zu keinem Wandel gekommen ist, was das Ausmaß der seitens der narco-paramilitärischen Gruppn ausgeübten Gewalt angeht.

Seit Freitag, dem 5. Juli 2019, bis zum heutigen Tag wurde uns mitgeteilt, dass die narco-paramilitärische Gruppe "Los Ardillo" Nachforschung- und Verfolgungsmaßnahmen gegen mehrere bundesstaatliche und regionale Promotoren der CIPOG-EZ und CNI-Delegierte durchführt, insbesondere gegen unseren Bruder Na Savi Jesús Placido Galindo, dem sie sagen: Sie "suchen im ganzen Bundesstaat, um ihn zu zerstückeln". Drohungen per Telefon wurden auch von Transportunternehmern des "Montaña Alta" [Hochland] und anderen Regionen des Staates sowie von Kommissaren der "Montaña Baja" [Mittelgebirge] bestätigt, die die Promotoren der Organisation benachrichtigten, damit sie ihre compañeros warnen konnten.

Die Belagerung der Nahua-Indígenagemeinden, die Mitglieder der CIPOG-EZ sind, hat nicht aufgehört, die narco-paramilitärischen Wachposten dauern an und sie registrieren die Bevölkerung, die Richtung Bezirkshauptstädte des Landkreises fahren. Die Regierung von Bund und Ländern kündigte mit Pauken und Trompeten die Ankunft der Nationalgarde an, aber in der Tat sehen wir keine größere Sicherheit, wir sehen nicht die Auflösung der narco-paramilitärischen Gruppen, wir sehen nicht, dass unseren brutal ermordeten Brüdern und Schwestern Gerechtigkeit widerfährt.

Wir bestehen erneut darauf und wiederholen, dass wir die Regierungen des Landkreises Chilapa de Álvarez unter der Verantwortung von Jesús Parra García, die Landesregierung von Héctor Astudillo Flores, beide PRI-Kämpfer und die Bundesregierung von MORENA unter der Verantwortung von Andrés Manuel López Obrador [AMLO] verantwortlich machen; für die körperliche Unversehrtheit und das Leben unseres Bruders und bundesstaatlichen Promotors Na Savi Jesús Placido Galindo sowie aller PromotorInnen des Indigenen und Popularen Rates von Guerrero - Emiliano Zapata. Denn jede dieser Behörden wurde seit mehr als einem Monat auf verschiedene Weise direkt über diesen alarmierenden Notfall informiert. Die AMLO-Regierung fordern wir ausdrücklich auf, die entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen gemäß der Gesetze anzuwenden, und zwar dringend aufgrund des Ernstes der Lage und da bis zum Augenblick, die wiederholte Petition über einen Monat ignoriert wurde.

Kinder und Jugendliche aus den 22 CIPOG-EZ-Gemeinden, die von narco-paramilitärischen Gruppen belagert werden, gehen nach wie vor nicht zur Schule, vom Kindergarten bis zur Sekundarschule. Zusätzlich zu dem psychologischen Terror, den unsere Gemeinden erleben, unterliegt der Bundesstaat Guerrero und insbesondere die armen indigenen und bäuerlichen Gemeinschaften weiterhin einem blutigen Regime moderner Sklaverei. Das Handeln der drei Regierungsebenen zeigt ihre Komplizenschaft durch Handeln oder Unterlassen, und es scheint, dass sie nach einem Szenario der Toleranz suchen, damit die narco-paramilitärischen Gruppen die indigenen Organisationen, die wir versuchen unsere eigene Zukunft zu konstruieren, fern von Sklaverei und Kaziken [Anmk.: lokaler Machthaber], zerstören.

Unser einziges Verbrechen ist es, das Leben zu verteidigen, das Land zu verteidigen, das Territorium zu verteidigen, für die vollständige Wiederherstellung unserer pueblos zu kämpfen, um dem Leben den Weg zu bereiten inmitten des Todes, den uns dieses System auferlegt. Das Todesurteil für unsere Brüder und Schwestern José Lucio Bartolo Faustino, Modesto Verales Sebastian, Bartolo Hilario Morales, Isaías Xanteco Ahuejote, David Domingo Alonso, Marcelino Pedro Rojas, Juana Hernández Ambrosio und Alberta Matías Tendón, war ihr Versuch, eine würdige Zukunft in Frieden für ihre pueblos aufzubauen, inmitten der "finca", die die narco-paramilitärischen Gruppen in Abstimmung mit den schlechten Regierungen aufgebaut haben, um indigene Gemeinschaften unter Beschuss zu setzen und das Elend und die Marginalisierung, in der sie überleben, auszunutzen.

Der Vernichtungskrieg gegen die organisierten indigenen pueblos verschärfte sich ab Beginn dieses Jahres 2019. Bereits am 20. Januar wurde Ricardo Flores Magón (CIPO-RFM), Mitglied des Rats der Indigenen Bevölkerung von Oaxaca, getötet; Gustavo Cruz Mendoza, indigener Kommunikator, der für sein pueblo kämpfte und sein Territorium in der Chinanteca-Region von Oaxaca verteidigte. Fünf Monate nach diesem feigen Mord, wurden am 20. Juni 2019 ebenfalls getötet: Regulo Jiménez Pulido, Fidel Cruz Mendoza und Mario Cruz Jerónimo, Verwandte des verstorbenen Gustavo und Mitwirkende des CIPO-RFM. Diese Verbrechen sind nach wie vor völlig straffrei.

Am 20. Februar wurde unser indigener Nahua-Bruder Samir Flores Soberanes von der Gemeinde Amilcingo in Morelos getötet. Samir war ein aktives Mitglied der Front der Pueblos von Morelos, Puebla, Tlaxcala, zur Verteidigung von Land und Wasser, die einen würdigen Kampf gegen das thermo-elektrische Kraftwerk und die Huexca-Gasleitung aufrechterhält. Samir war auch ein indigener Kommunikator, er war ein gut organisierter compañero seiner Gemeinde und der Gemeinden in der Region, und das war sein Verbrechen.

Von März bis heute haben in den indigenen Gemeinden der Otomí im Bundesstaat Mexiko, die sich gegen das Autobahnprojekt Toluca-Naucalpan wehren, die Angriffe, Drohungen, bezahlte Konfrontationsgruppen, Einfälle der Landespolizei zum Schutz von Bauunternehmen und erneute Unterlassung der schlechten Regierungen zugenommen. Obwohl sie den juristischen Kampf gewonnen haben, werden Illegalität, Korruption und Straflosigkeit gemeinsam mit der öffentlichen Gewalt verhängt, um sie zu isolieren und diesen langen Prozess der Enteignung zu konsolidieren, der hohen Unternehmer- und politischen Gruppen zugute kommt, angesichts der Zerstörung von Wald, Wasser und Leben.

Seit dem 15. März hat ein Hungerstreik begonnen, der bis heute bereits 121 Tage andauert, durch welchen unsere im Bundesstaat Chiapas organisierten indigenen Brüder und Schwestern für ihre Freiheit kämpfen. Sie wurden ohne Haftbefehl verhaftet und gezwungen, unter Folter, Verbrechen zu bekennen, die sie nicht begangen haben, neben vielen anderen Ungerechtigkeiten, welche sie weiterhin anzeigen. Unsere indigenen Brüder im Hungerstreik: La Voz Verdadera del Amate (Die wahre Stimme von Amate): Abraham López Montejo, Germán López Montejo im Gefängnis von El Amate (Cintalapa). Von La Voz de Indígenas en Resistencia (Die Stimme der Indígenas im Widerstand): Adrián Gómez Jiménez, Juan de la Cruz Ruiz in CERSS 5 (San Cristóbal de las Casas) und von Viniketik in Resistencia: Marcelino Ruíz Gómez, Baldemar Gómez Hernández in CERSS 10 (Comitán de Dominguez). Und bis jetzt hat keine Behörde eine Lösung für ihre gerechten Forderungen geboten, sie haben in den schlechten Regierungen nur taube Ohren gefunden.

Im April 2019 prangerten unsere Brüder der EZLN an, wie die Militarisierung und der Aufstandsbekämpfungskrieg gegen die zapatistischen Gemeinden zugenommen haben. Sie sagten deutlich: "Jetzt betreten zusätzlich Mitglieder der Bundeswehr und der Luftwaffe die Berge und erscheinen in den Gemeinden und sagen, dass der Krieg kommt und dass sie nur auf Befehle von oben warten". Das einzige Verbrechen unserer zapatistischen Brüder war es, für die gerechten Forderungen der indigenen pueblos von Mexiko zu kämpfen und ein Beispiel dafür zu geben, wie das Leben der pueblos originarios [Anmk.: dt. "ursprüngliche Völker", Selbstzuschreibung] angesichts des Vernichtungskrieges organisiert und verteidigt werden kann.

Im Mai wurde ein junger indigener Mann getötet und drei verletzt, in der indigenen Gemeinde Zacualpan im Bundesstaat Colima, wo sie im Concejo Indígena por la Defensa del Territorio de Zacualpan [Indigenenrat für die Verteidigung des Territoriums Zacualpan] organisiert sind. Diese Tat wurde von der organisierten Kriminalität und der Toleranz der drei Regierungsebenen begangen, wie es von unseren Brüdern angezeigt wurde.

Dies sind nur einige der Fälle, die wir kennen und an die wir heute erinnern, weil wir verstehen, dass der Vernichtungskrieg uns in Guerrero jetzt sehr hart trifft, sich aber in unserem Land ausbreitet und Leben kostet, viele Leben. Obwohl die Regierung ihre Haut verändert hat, schützt sie weiterhin die Interessen derer von Oben, auf Kosten unseres Lebens. Deshalb bekräftigen wir heute, dass CIPOG-EZ nicht aufgeben wird, weiterhin für das Leben und die Würde der pueblos originarios kämpfen wird, auch wenn wir uns einem System von Tod und Zerstörung gegenübersehen, das darauf besteht, uns auszurotten.

Für die vollständige Wiederherstellung unsere pueblos.

Gerechtigkeit für José Lucio Bartolo Faustino, Modesto Verales Sebastián, Bartolo Hilario Morales, Isaias Xanteco Ahuejote, David Domingo Alonso, Marcelino Pedro Rojas, Juana Hernández Ambrosio und Alberta Matías Tendón, Mitglieder von CIPOG-EZ und CNI-CIG!

Gerechtigkeit für Gustavo Cruz Mendoza, ermordeter indigener Kommunikator der CIPO-RFM!

Es lebe der Widerstand der Otomí-Indígenas des Bundesstaates Mexiko gegen die Autobahn Toluca-Naucalpan!

Freiheit für Fidencio Aldama vom tribu [Anmk.: wörtlich "Stamm", Selbstzuschreibung] der Yaqui!

Gerechtigkeit für die indigene Gemeinschaft von Zacualpan!

Stopp des Aufstandsbekämpfungskrieges gegen die EZLN!

Nie wieder ein Mexiko ohne uns!

Indigener und Popularer Rat von Guerrero - Emiliano Zapata (CIPOG-EZ)

Regionen: Costa Chica, Costa Montaña, Montaña Alta und Montaña Baja de Guerrero