Denuncia des CNI-CIG
MAIZ soll diskreditiert und kriminalisiert werden

29. September 2023

An die Kommunikationsmedien
An die mexikoweite und internationale Öffentlichkeit
An die Mexikoweite Koordinierung gegen den Krieg
An die Menschenrechtsorganisationen und -kollektive
An die Netzwerke des Widerstands und der Rebellion
An die Sexta Nacional und Internacional
An die indigenen Pueblos Mexikos und der Welt
An diejenigen, die sich dem Krieg gegen den kapitalistischen Narco-Staat stellen und Widerstand leisten

Wir, die Pueblos originarios, die wir den Congreso Nacional Indígena (CNI) bilden, unser gemeinschaftliches Haus, welches wir am 27. Oktober 1996, vor 127 Jahren schufen, um unsere Kämpfe des Widerstands und der Rebellion durch Solidarität zu stärken – prangern öffentlich und energisch, mit viel Sorge und Schmerz, die fürchterliche Kriegssituation an, die unsere Schwestern und Brüder in Chiapas – Zapatistas wie auch Nicht-Zapatistas – erleben.

Wiederholt haben wir zum Ausdruck gebracht, dass unsere Welt gegenwärtig höchst gefährdet ist: Der Krieg, um uns unserer Lebensformen zu berauben – der im Palacio Nacional [Sitz des mexikanischen Präsidenten] seinen Anfang nahm, aus dem Willen heraus dem globalen Kapital zu dienen – stellt heute das wahre, paramilitärische Gesicht dar: Operiert wird mit Drogen- und Verbrecher-Kartellen, um den Krieg gegen die zapatistischen Pueblos in Chiapas und [die Pueblos] in Mexiko voranzutreiben – begleitet von medialer Manipulation, um die EZLN und die indigene Autonomie zu kriminalisieren, welche seit dem zapatistischen Aufstand von 1994 bis heute [... im Kommuniqué fehlt hier ein Teil/ Ende das Satzes].

Seit Jahren – und in den letzten Monaten noch ausgeprägter zu sehen – hat der mexikanische Staat ganze Regionen in Chiapas in den Hände der Drogenkriminalität zurückgelassen. Der Disput zwischen dem Sinaloa-Kartell und dem Kartell Nueva Generación de Jalisco um die Kontrolle der Regionen hat hunderttausende von Bewohner*innen in eine Situation der vollkommenen Wehrlosigkeit gebracht; eingeschlossen und gefangen befinden sie sich unter dem Joch dieser Welle an Gewalt und Terror in Chiapas. Sie werden als zivile Schutzschilde benutzt, gezwungen sich dem einen oder anderen Kartell anzuschließen, gezwungen auf den Straßen ihre Unterstützung [des einen oder anderen Kartells] öffentlich zu demonstrieren, gezwungen Auftragskiller zu werden. Es werden Familien gefoltert und ermordet, die sich für das nicht hergeben wollen. Die Schulen und offiziellen Regierungsinstitutionen sind geschlossen, der Handel paralysiert. Ein vollkommenes Chaos während der letzten Wochen unter der Welle des Terrors.

In dieser alarmierenden Situation, in der das Leben der betroffenen Bevölkerung höchst gefährdet ist, werden mehr als 280.000 Einwohner*innen dieser Region belagert, sie sind gefangen innerhalb des Disputs um die Gebiete, sie befinden sich unter dem Einfluss eines Narco-Staates, der diese Situation erlaubt und Chiapas völlig wehrlos und unter dem Joch dieser Welle an Gewalt und Terror zurücklässt.

Angesichts dieses schrecklichen Krieges, den der Narco-Staat vorantreibt, wurde eine [erneute] Diffamierungskampagne gegen die EZLN in den Medien begonnen: Sie wollen die EZLN in das organisierte Verbrechen mit hinein(be-)ziehen – es sind jedoch sie und wir, die Pueblos originarios, die unter dieser Politik des Todes leiden und damit konfrontiert sind – und es ist im zapatistischen Gebiet, wo die organisierten Pueblos das Eindringen des organisierten Verbrechens in ihre Gemeinden nicht zulassen, aber mehr und mehr durch dieses belagert werden.

Wir weisen daraufhin: Der Raub und Vernichtungskrieg, der sich durch die Aufstandsbekämpfungspläne vertieft hat, richtet sich nicht nur gegen unsere zapatistischen Schwestern und Brüder, sondern auch gegen Compañer@s von Organisationen, die wir den CNI bilden. Es wird versucht, den Movimiento Agrario Indígena Zapatista (MAIZ) mit einer paramilitärischen Gruppe namens Mano Izquierda  in Verbindung zu bringen. Mano Izquierda ist jedoch Teil der Gruppen des organisierten Verbrechens  und hat absolut nichts mit dem Kampf des Zapatismus zu tun. [Zur weiteren Erklärung: In den Medien werden dieselben Anfangsbuchstaben für diese Gruppe des organisierten Verbrechens verwendet, deshalb die beabsichtigte öffentliche Konfusion.]

All dies als eine Strategie, um Gebiete mexikoweit – und insbesondere jetzt im Süden des Landes mit dem sogenannten Tren Maya, dem Inter-Ozeanischen Korridor, dem Integralen Projekt von Morelos und Hunderten von Extraktionsprojekten im Rest des Landes – neu anzuordnen. In allen Bundesstaaten des Landes sind die Pueblos u.a. mit Bergbauprojekten, Wasserkraftwerken, Straßen, [industriellen] Entwicklungspolen konfrontiert. Das hat Dutzenden von Compañer@s, Mitgliedern des CNI und anderer Pueblos in Rebellion, das Leben gekostet, weil sie sich der Zerstörung des gemeinschaftlichen Hauses widersetzten. Das haben wir aufgezeigt und öffentlich angeprangert, indem wir darauf hinwiesen und hinweisen: Es ist der Wille dieser Bundesregierung, die Pueblos nieder zu zertreten und die Gewalt gegen uns Pueblos, die wir das Leben und unsere Gebiete verteidigen, zu verschärfen. Die Lüge, eine „Regierung für den Pueblo“ zu sein, wie sie jeden Morgen vom Palacio Nacional [Sitz des mexikanischen Präsidenten] aus wiederholt wird, bricht zusammen – denn es wird immer deutlicher, diese Regierung gehorcht den Kartellen und  internationalen Wirtschaftspolitiken – mittels Gewalt und Beraubung.

Wir erklären, dass der Movimiento Agrario Indígena Zapatista (MAIZ) Teil des Congreso Nacional Indígena und in verschiedenen Regionen des Landes präsent ist: mit seiner Arbeit und seinem Engagement, die sie seit 24 Jahren zugunsten der Pueblos originarios organisieren. Wir erklären, dass diese Aktionen der Diskreditierung und Kriminalisierung Teil des Krieges gegen die Pueblos und Organisationen sind, indem sie die Integrität ihrer Mitglieder und die von ihnen realisierte kommunitäre Arbeit gefährden.

Unsere Compañeras und Compañeros – wie viele Pueblos und Organisationen, die wir den CNI bilden – haben die Kriminalisierung durch den Staat, die Ermordung von Compañeras und Compañeros in verschiedenen Momenten ihrer Geschichte erlebt: wie die Ermordung unserer Schwester Bety Cariño durch paramilitärische Gruppen in der Triqui-Region von Oaxaca – welche heute aus der MORENA-Partei heraus Ämter in der Regierung von Salomón Jara oder als Bundes-Abgeordnete innehaben. Wie auch das Verschwunden machen von Sergio Rivera Hernández, Verteidiger des Gebietes der Sierra Negra de Puebla – weil er gegen das Wasserkraft-Energie-Projekt Coyolapa-Atzalan, das Minería Autlán aufzwingen wollte, opponierte. Mittels des Institutes der Pueblos Indígenas in Puebla werden seine Entführer protegiert; sie werden mit Ämtern innerhalb jener indigenistischen Räte belohnt, damit sie sich für das organisierte Verbrechen einsetzen. Dabei wird die gleiche Methodik wiederholt, die sich in allen Gebieten generalisiert hat, in denen es indigenen Widerstand gegen ihre neoliberalen Mega-Projekte des globalen Kapitals gibt.

Fast 30 Jahre nach dem zapatistischen Aufstand [vom 1. Januar 1994] – und dem Aufbau eines Systems von autonomen Lebens – von ihren kulturellen Wurzeln aus – in Frieden und Würde in ihrem Gebiet (jetzt befreit von den Großgrundbesitzern waren sie zuvor die wahren Versklavten des 20. Jahrhunderts) – erklären wir, dass unsere größeren Schwestern und größeren Brüder [Zapatistas] zu den Garanten der Verteidigung ihres Gebietes gegen die Interessen des globalen großen Kapitals wurden; sie wurden zu unseren Lehrer*innen in den Widerstandskämpfen im gesamten Land – einzige Hoffnung zur Bewahrung der Menschheit angesichts des kapitalistischen Wahnsinns einer Natur-Zerstörung, welcher die gegenwärtige weltweite Klima-Krise erzeugt hat.

Wir erklären: Als Pueblos originarios – Zapatistas und Nicht-Zapatistas – setzen wir unseren Widerstand fort und werden ihn weiter fortsetzen – gegen die Repression durch den Staat mittels Armee, Guardia Nacional und Polizei-Verbände – und aktuell gegen die Terror-Welle der Kartelle und Paramilitärs, die durch die Bundesregierung und die Regierungen der Bundesstaaten unterstützt werden. Wir werden weiter fortfahren, Systeme autonomen Lebens, ohne Kapitalismus und Patriarchat, wieder aufzubauen – welche zukünftigen Generationen ein würdiges Leben garantieren.

Wegen all dem, rufen wir dringlich alle Organisationen, Kollektive und Menschen guten Herzens dazu auf, diesen Krieg gegen die Pueblos öffentlich anzuprangern, sich zu solidarisieren und zu organisieren, sich zu erheben in einem zivilen und friedlichen Kampf für das Leben. Ein anderes Leben ist möglich, eine andere Welt ist möglich. Wir lassen nicht zu, dass eine Triade aus Staat, globalen Konzernen und Narco-Verbrechen uns ein Ende setzen wird.

Deshalb wiederholen wir den dringlichen Aufruf [den Notruf], an dem Weltweiten Aktionstag am 12. Oktober 2023 teilzunehmen, an dem sich 531 Jahre indigener Widerstand jähren: Stoppt den Krieg gegen die indigenen Pueblos!

Der Krieg gegen die Pueblos in Mexiko trägt den Namen: Kapitalistischer Narco-Staat!
Niemals mehr ein Mexiko ohne uns!

Koordinierungskommission des Congreso Nacional Indígena (CNI) – Indigener Regierungsrat (CIG)


übersetzt von lisa-colectivo malíntzin