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Weint
nicht um Pável!
"Weint nicht", rief Rosario Ibarra (von der Gruppe "Eureka"),
"applaudiert, apllaudiert Pável und seinem Kampf!"
Unter der Woge des Beifalls wurde mein Körper von Schaudern erschüttert
und ich hatte Lust zu weinen. Aber nein, weinen wir nicht, laßt
uns weiter kämpfen, auch wenn sie uns bedrohen, uns töten, gerade
deswegen, gerade im Andenken an Pável, 21 Jahre alt, Student der
UNAM und der Schule für Anthropologie, drei Tage lang gefoltert und
am 23. April umgebracht, weil er politische aktiv war.
Während der schmutzige Krieg weiterhin seine Kreise
durch Mexiko zieht, wendet sich die Regierung dieses Landes im Namen der
Menschenrechte gegen Kuba. Während Freihandelsabkommen unterzeichnet
werden, findet man die Leichen der ermordeten Frauen in Ciudad Juarez.
Pável, Mitarbeiter der zapatistischen Kaffeekooperative Smaliyel,
wird von der selben Regierung ermordet, die organischen Kaffee an den
internationalen Multi Starbuck verschenkt und sich angeblich im Übergang
zur Demokratie befindet.
Für seine FreundInnen und seine Familie besteht kein
Zweifel: Jene, die ihn entführten, verletzten, schlugen und schließlich
in Ajusco (am Rand von Mexiko-Stadt) an einem Baum henkten, waren keine
Gruppe feindlich gesinnter Studenten, kein schwuler Liebhaber, wie uns
die "Nachforschungen" der Polizei weismachen wollen, sondern
"auf Folter spezialisierte Täter, die uns an die schlimmsten
Zeiten des schmutzigen Krieges erinnern und uns zwingt, einen neuen Abschnitt
der Liquidierung sozialer Aktivisten zu erkennen" (Leserbrief in
"La Jornada" vom 26. April 2004.
Die Geschichte wiederholt sich. Die Entführungen, Folter, Morde und
fortgesetzten Massaker durch die mexikanische Regierung der 60er und 70er
Jahre mit dem Ziel, soziale Bewegungen, politische Organisationen und
Guerillas auszulöschen, sind nicht nur straflos geblieben, sondern
werden nun erneut als Instrumente der Repression und des Terrors gegen
soziale AktivistInnen verwendet.
Das Massaker an 45 indigenen Frauen, Kindern und Männern im Dezember
1997 in Acteal (Chiapas) war wohl das schrecklichste Zeichen der letzten
Jahre. Die Ermordung der Menschenrechtsaktivistin Digna Ochoa im Oktober
2001 war ein weiteres, nicht weniger schrecklich.
Die Verantwortlichen bleiben unbehelligt, im Fall von Digna Ochoa gibt
es nicht einmal Schuldige, indem ihr ein Selbstmord unterstellt wird.
Wie viele solcher Selbstmorde gibt es wohl auf der Welt?
Pável ist auch einer, gemäß einer weiteren "Vermutung"
der Polizei. Diese Erklärung wird jedoch nur der Form halber erwähnt,
in Wahrheit unternehmen sie nicht die leiseste Anstrengung, ihre Verbrechen
zu verbergen, im Gegenteil, ihr Ziel ist es, Angst zu verbreiten, und
deshalb ließen sie Pável nicht verschwinden, sondern stellten
ihn ins Licht der Öffentlichkeit, als Warnung.
Ihre Botschaft machten sie heute nachmittag noch einmal deutlich, als
unser Schweigemarsch zum Regierungsgebäude durch Sperrzäune,
Polizisten und Militärfahrzeuge angehalten wurde. Der Lärm ihrer
Stiefel schien zu sagen: "Kommt näher, denn dazu sind wir hier.
Ihr alle seid die möglichen nächsten Opfer, wenn ihr weiterhin
eine andere Welt verlangt."
Aber natürlich werden wir weitermachen, wie auch
nicht, jetzt wo die selben Leute (oder beinahe die selben) die Städte
Fajullah und Najaf im Irak bombardieren, dazu entschlossen beliebig viele
Menschen zu töten, wenn sie damit auch nur einen einzigen Tropfen
Öl in ihre Hände bekommen.
Blaues, klares Wasser, reine Luft, der Kapitalismus möchte
sich aller Dinge bemächtigen. Jene, die seinen Kreuzzug stören,
werden umgebracht, wie Pável, oder festgenommen und eingesperrt
wie seine Companer@s beim Unistreik, die die Bildung vor den Klauen des
Neoliberalismus zu schützen versuchten.
"Dieses koloniale Regime kann man nicht ändern", sagen
uns die Verantwortlichen und drohen mit Terror und Mord. Aber in ihrem
Inneren zittern sie, sie zittern angesichts der Menschen auf den Straßen,
die "Nein zum Krieg" rufen, jene unzähligen Frauen, die
ihr Recht auf Abtreibung fordern, jene hunderte indigenen zapatistischen
Gemeinden, die sich im Widerstand befinden, so wie jene, die von Pável
unterstützt wurde, oder jene in Zinacantán, die erneut von
Gewalt heimgesucht wird.
Fox versprach, den Konflikt in Chiapas in 15 Minuten zu
lösen, doch seine einzige Tat ist es, Mexiko zu einem Modell made
in USA zu verwandeln. Und so erheben die Zapatistas weiterhin ihre Stimme,
gemeinsam mit den Lesben, den BäuerInnen und den Companer@s von Pável.
Sie können uns nicht zum Schweigen bringen, niemals! Nach dem Gedenkmarsch
für Pável blieb ein Graffitti an der Mauer zurück: Das
Schweigen von heute wird morgen unsere Stimme sein und eure Regierungen
und Maschinengewehre zerstören. Der Kampf geht weiter! Es lebe Pável!
Luisa, feministische Aktivistin, Mexiko DF, 23. April
2004.
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