Hintergrundinformation
Gerechtigkeit für Viejo Velasco


Am 13. November 2006 wurde ein bewaffneter Angriff gegen die Gemeinde von Viejo Velasco, Bezirk von Ocosingo, verübt. Laut Zeugenaussagen der Opfer wurde diese Aggression von Comuneros aus Nueva Palestina ausgeführt, sowie von Personen, die Uniformen der Öffentlichen Sicherheitspolizei trugen. Der Angriff forderte 4 Todesopfer; das Verschwinden von 4 Dorfbewohnern (Pedro Núñez Pérez, 69 Jahre; Mariano Pérez Guzmán, 51 Jahre; Miguel Moreno Montejo, 62 Jahre und Antonio Peñate López, 42 Jahre) und die gewaltsame Vertreibung von 20 Männer, 8 Frauen, 5 Jungen und 3 Mädchen.

Am 15. November 2006 erstatteten Familienangehörige der Herren Mariano Pérez Guzmán und Miguel Moreno Montejo vor der Staatsanwaltschaft der Zweiten Instanz der Regionalen Staatsanwaltschaft der Selva Zone mit Sitz in Palenque, Anzeige über "die Verübung möglicher Deliktakte", womit die Behördliche Akte Nr. 1334/CAJ74-T2/2006 eröffnet wurde. Desgleichen brachten am 6. März 2007 Familienangehörige von Pedro Núñez Pérez eine Anzeige zu den Vorfällen vor der besagten Autorität ein , die der gleichen Akte beigefügt wurde. Die Behörden führten jedoch keinerlei zweckmäßigen Ermittlungen für die Lokalisierung der verschwundenen Personen durch.


Die Lokalisierung der Überreste

Seit dem Angriff auf die Einwohner von Viejo Velasco drängten Familienangehörige der Opfer die Zivile Beobachtungskommission, eine gemeinsame Suchaktion nach den Überresten ihrer Angehörigen durchzuführen. Angesichts der Ineffizienz der Ermittlungen seitens der Staatsanwaltschaft suchte die Kommission am 6. Juli 2007 gemeinsam mit den Familienangehörigen die Route ab, die von der Gemeinde Paraíso nach Viejo Velasco führt, da nach Aussage einer Überlebenden die Leiche einer der verschwundenen Personen auf diesem Weg gesichtet wurde. Diese Aussage wurde bereits in der vorhergehenden Untersuchung 786/CAJ 74/2006 protokolliert, die seit November 2006 zu den Morden an diesem Ort aufgenommen wurde.

Bei der Suche vom 6. Juli 2007 wurden die menschlichen Überreste und Kleidung von mindestens zwei Personen sowie ein Strick aufgefunden, alles am Weg entlang, verteilt über ungefähr 15 Quadratmeter. Am gleichen Tag benachrichtigte die Zivile Beobachtungskommission die Staatsanwaltschaft, um die Sicherstellung der Überreste in die Wege zu leiten, womit eine neue Ermittlungsakte eröffnet wurde, die der bereits offenen Akte zu den Verschwinden hinzugefügt werden muss.

Die Familienangehörigen bestätigten aufgrund der Kleidung, dass die gefundenen Überreste Mariano Pérez Guzmán und Miguel Moreno Montejo gehören, die bis jetzt als Vermisste gemeldet waren. Wenn die fachkundigen Beweise es bestätigen, würde sich dadurch die Zahl der Personen, die bei dem Massaker in Viejo Velasco am 13. November exekutiert wurden, auf 6 erheben, womit noch der Verbleib von Pedro Núñez Pérez und Antonio Peñate López zu klären ist.

Sieben Monaten nach den Ereignissen hat die Generalstaatsanwaltschaft des Staates bei der Ahndung der Taten von Viejo Velasco und der Auffindung der 4 Verschwundenen Mangel an Sorgfalt und Verantwortung demonstriert. Obwohl die Anzeige (Aktenzeichen 1334/CAJ 74-T2/2006) über die Verschwundenen am 15. November 2006 geleistet wurde, hat die Behörde niemals eine Suche in der Zone durchgeführt. Hätten sie dies getan, wären sie auf das gleiche gestoßen, was die Familienangehörigen der Opfer und die Nichtregierungsangehörigen gefunden haben. Ganz im Gegenteil hat sie durch ihre Nachlässigkeit gegen das Recht auf Gerichtlichen Schutz verstoßen: Der für die Ermittlung zuständige Staatsanwalt erklärte gegenüber dem Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas, dass die Verschwundenen nach den ihm vorliegenden Informationen in den "Norden" gezogen wären oder sich in einer benachbarten Gemeinde versteckt hielten.


Zusätzliche Informationen

Am 22. November 2006 ersuchte das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (CIDH) um die Ergreifung von Vorsichtsmassnahmen für die 4 verschwundenen Personen. Die Kommission ersuchte den Mexikanischen Staat um Information über die denunzierten Vorfälle. Am 2, Mai 2007 erhielten wir von der CIDH den Bericht des Mexikanischen Staates zu den Ereignissen von Viejo Velasco, worin sie folgendes angeben:

"Am 13. November 2006 wurde im Ejido Viejo Velasco ein Einsatz durchgeführt, unter Beteiligung von 5 Agenten der Generalstaatsanwaltschaft, 2 Sachverständigen des Regionalkommandanten der Selva Zone der Staatlichen Ermittlungsbehörde und 7 seiner Untergebenen, sowie von 300 Elementen der Sektorpolizei, der Staatlichen Behörde für Öffentliche Sicherheit von Chiapas und eines Vertreters der Behörde für Soziale Entwicklung". [Bericht des Mexikanischen Staates an die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte vom 02. April 2007: Paragraph 5. Hintergründe]

Im gleichen Dokument gibt die Mexikanische Regierung an, dass während des Einsatzes seitlich der Gemeinde von Viejo Velasco zwei leblose Körper aufgefunden worden seien, wodurch der Eindruck entstehen soll, der Einsatz habe nach dem Angriff stattgefunden. Die Aussagen der Überlebenden stimmen jedoch darin überein, dass am 13. November gegen 6:00 Uhr morgens Viejo Velasco von etwa 40 Angreifern in Zivilkleidung aus der Gemeinde Nieva Palestina gestürmt wurde, gefolgt von etwa 300 Personen in Stiefeln und schwarz-blauen Uniformen, wie sie für die Sektorpolizei charakteristisch sind, die Waffen großen Kalibers trugen."

Der Mexikanische Staat hat nicht nur seine Pflicht versäumt, das Massaker zu verhindern, sondern hat erst die Voraussetzungen für dessen Ausführung geschaffen, und die bisher erhaltene Information lässt sogar vermuten, dass der Angriff selbst von Agenten des Staates verübt worden sein könnte, darunter der Sektorpolizei. Dies würde die Absicht der Staatsanwaltschaft erklären, die Polizisten zu beschützen, indem sie Tatsachen verdrehen und die Überlebenden des Angriffs beschuldigen, für das Massaker von Viejo Velasco verantwortlich zu sein.


Rechtsverletzungen

Der Mexikanische Staat hat seine Pflicht versäumt, die Menschenrecht zu respektieren und zu schützen und durch seine Handlungen auf Kosten der Opfer und Überlebenden die fundamentalen Rechte verletzt, die in den folgenden Bestimmungen festgehalten sind:

Politische Verfassung der Vereinten Mexikanischen Staaten: Artikel 14 (Recht auf Leben und Freiheit), Artikel 16 (Recht auf gerichtliche Sicherheit), Artikel 19 (Garantien für die Angeklagten), Artikel 20, Abschnitt A, Paragraph II (Recht auf Schutz gegen Folter) und Artikel 22 (Verbot der körperlichen Züchtigung).

Amerikanische Menschenrechtskonvention: Artikel 1.1 (die Pflicht, die Rechte zu respektieren und zu garantieren), Artikel 4 (Recht auf Leben), Artikel 5 (Recht auf persönliche Integrität), Artikel 7 (Recht auf persönliche Freiheit), Artikel 24 (Gleichheit vor dem Gesetz) und Artikel 25 (gerichtlicher Schutz).

Aus all den hier vorgebrachten Gründen rufen die Organisationen der Zivilen Beobachtungskommission dazu auf, dringende Aufrufe an die Behörden zu richten und den Mexikanischen Staat aufzufordern:

1. - Die sachdienliche Beweisaufnahme zu realisieren, die die glaubhafte Identifizierung der aufgefundenen menschlichen Überreste gewährleistet, und seine Verpflichtung zu erfüllen, ein echte Ermittlung durchzuführen, um die Lokalisierung von Pedro Núñez Pérez und Antonio Peñate López zu erreichen.

2. - Die Freilassung von Diego Arcos Meneses zu veranlassen, ein Ch'ol Indígena, der ungerecht beschuldigt wird, die Morde in der Gemeinde von Viejo Velasco ausgeführt zu haben, und ins Gefängnis von Playas de Catazajá eingewiesen wurde.

3. - Die Haftbefehle zu annullieren, die gegen die Überlebenden und Angehörigen der Opfer des Massakers von Viejo Velasco erlassen worden sind.

4. - Die angemessenen Untersuchungen der Ereignisse vom 13. November 2006 durchzuführen und die Verantwortlichkeit der wirklichen Schuldigen dieser Handlungen zu ermitteln.

5. - Die Beamten und Regierungsinstitutionen zu untersuchen, die durch Handlung oder Unterlassung an den denunzierten Taten beteiligt waren.

Gemeindliche Gesundheit und Entwicklung (SADEC)
das Frauenhaus Zentrum für Indigene Rechte (CEDIAC)
Komitee für die Verteidigung der Indigenen Freiheiten Xinich
Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas


Bitte richten Sie ihre Protestschreiben an:


Felipe de Jesús Calderón Hinojosa
Presidente de la República (Mexikanischer Präsident)
Residencia Oficial de los Pinos
Casa Miguel Alemán, Col. San Miguel Chapultepec
C.P. 11850 Distrito Federal
México
Tel.: +52 (55) 27891100 und +52 (55) 52772376
Email: felipe.calderon@presidencia.gob.m

Lic. Juan José Sabines Guerrero
Gobernador Constitucional del Estado de Chiapas (Gouverneur des Bundesstaates von Chiapas)
Palacio de Gobierno del Estado de Chiapas
Av. Central y Primera Oriente, Colonia Centro
C.P. 29009 Tuxtla Gutiérrez
Chiapas , México
Fax: +52 (961) 61 88088
Tel: + 52 (961) 6188056
Email: secparticular@chiapas.gob.m

Lic. Mariano Herrán Salvatti Fiscal
General de Justicia del Estado de Chiapas (Generalstaatsanwalt des Bundesstaates von Chiapas)
Libramiento Norte s/n, tercer nivel, Colonia Infonavit "El Rosario"
CP 30064 Tuxtla Gutiérrez
Chiapas, México
Fax: + 52 (961) 61 657 24
Email: mherran@fge.chiapas.gob.m

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