Der Marsch der indigenen Würde
Am 4. März machten die EZLN-Delegierten im kleinen Ort Nurio im Bundesstaat Michoacán Halt, um am dritten "Nationalen Indigenen Kongreß" (CNI) teilzunehmen. Die Delegierten von 42 indigenen Völkern beschlossen an diesem Kongreß, daß sie die Initiative der COCOPA zu "Indigenen Rechten und Kultur" unterstützen und auf deren Durchsetzung im Parlament drängen werden. Sie erteilten der EZLN das Mandat, im Namen der indigenen Völker vor dem Bundeskongreß zu sprechen. Sie beschlossen ebenfalls, daß der CNI zukünftig immer durch eine indigene Frau und einen indigenen Mann gemeinsam repräsentiert werden soll. Die indigene Bewegung Mexikos erlebte in Michoacán eine ihrer größten Momente der Organisierung und des Widerstandes. Für den Fall, daß die COCOPA-Initiative nicht angenommen würde, beschloß der CNI flächendeckende Aktionen nach dem Beispiel der CONAIE von Ecuador, die die Infrastruktur des Landes lahmlegen würden. Als sich die Karawane am 6. März erneut auf den Weg machte, war sie beträchtlich angewachsen, denn der CNI hatte seinen Delegierten den Auftrag gegeben, die Zapatistas in die Hauptstadt zu begleiten. Die Karawane legte in den folgenden Tagen denselben Weg zurück, den Emiliano Zapata vor fast neunzig Jahren wählte, als er Mexiko Stadt eroberte. Am 11. März nahm eine Viertelmillion Menschen den Zocalo ein, um die EZLN-Delegation bei ihrer Ankunft im Herzen des Landes zu begrüßen. Marcos wiederholte die zentrale Friedensbotschaft der EZLN: "Rebellen sind wir, Rebellen werden wir bleiben, aber wir möchten dies mit euch allen zusammen sein, ohne Krieg". Somit war die Karawane am Reiseziel angelangt, hatte jedoch das politische Ziel des Auftrittes im Bundesparlament noch nicht erreicht: Die Mehrheit der ParlamentarierInnen lehnte es ab, die vermummten Guerillachefs in ihren heiligen Hallen sprechen zu lassen. Am 13. März erhielt die Delegation der EZLN und des CNI einen anonymen Brief ohne Briefkopf und Unterschrift zugestellt, in welchem sie an ein Treffen mit ParlamentarierInnen eingeladen wurden. Es war die Rede von einer gewöhnlichen Sitzung mit 10 Kongressabgeordneten, 10 SenatorInnen und den Mitgliedern der COCOPA. Die Delegationen der EZLN und des CNI lehnten den "demütigenden und unwürdigen" Vorschlag eines inoffiziellen Treffens ab und beharrten darauf, vor der Abgeordnetenkammer sprechen zu wollen. Sie forderten die ParlamentarierInnen auf, sich nicht zum Spielball des Präsidenten zu machen, sondern sich ihrer historischen Rolle in der Anerkennung der indigenen Rechte bewußt zu werden. Am 24. März antwortete die EZLN mit der Stimme des
Comandante Zebedeo auf einen Brief, den Fox an Marcos geschickt hatte.
Fox sprach in diesem Brief Marcos mit "Du" an und forderte ihn
auf, mit ihm zusammen das Indígena-Problem zu lösen. Zebedeo stellte
klar, daß keine Basis für Vertraulichkeiten vorhanden sei,
indem er Fox eröffnete, daß der Brief an die Comandancia weitergeleitet
worden sei, denn sie, nicht Subcomandante Marcos, sei die politische Führung
der EZLN. |